Lieferengpässe

Symbolische Gesten reichen nicht

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München -

Schilddrüsenpräparate, Antibiotika, Advantan Milch, Kodein-Tropfen: Lieferengpässe sind vielfältig, auch bei wichtiger Dauermedikation. Zu Versorgungsengpässen seien diese dank der Apotheker aber noch nicht ausgeartet, sagt Fritz Becker, Vorsitzender des Deutschen Apothekerverbandes (DAV), bei einer Podiumsdiskussion auf der Expopharm. „Wir Apotheker haben immer Möglichkeiten und Wege gefunden, die Patienten zu versorgen.“ Trotzdem müssten Lösungen gefunden werden – auch wenn die Rabattverträge als eine der Ursachen nicht abzuschaffen seien.

„Viele Produkte werden in der nötigen Anzahl nicht mehr in Europa hergestellt“, sagte Becker. In der Politik werde dieses Problem allerdings in die Fabelwelt verwiesen. Bestimmte Produktionen seien aus Europa völlig verschwunden. Der deutsche Markt sei nicht mehr der wichtigste, bestätigte Bork Bretthauer, Geschäftsführer von Pro Generika. „Wir lernen in Deutschland, dass es eine gewaltige globale Nachfrage besteht.”

Ein wesentlicher Grund für Engpässe liege zudem in der Marktverengung, so Bretthauer: In den rabattierten Märkten könne man etwa die Fokussierung auf bestimmte Produkte erkennen. Die Kosten für Zulassung, Entwicklung, Produktion, Lagerung und Qualitätssicherung seien zum Teil höher als die Preise. Für bestimmte Produkte gebe es nur wenige Anbieter, etwa weil die Herstellung sehr komplex sei, so bei Krebsmedikamenten, Biosimilars oder Impstoffen.

Bretthauer kritisierte, dass sich der Rabattvertragsmarkt nicht aus sich selbst heraus nachhaltig finanziere. „Ein Unternehmen kann den Rabattdruck nur eine gewisse Zeit mitgehen“, so Bretthauer. „Alles jederzeit bedarfsgerecht zu höchster Qualität und zu Preisen gen Null zu liefern, geht nicht.“ Ein großes Hemmnis sei die fehlende Planbarkeit. Ein Hersteller müsse wissen, was die benötigte Menge sei.

Mehrfachvergabe und Ausnahmen bei Impfstoffen seien eher symbolische Lösungen. „Da ist ein umfassender Ansatz nötig”, so Bretthauer. Er sprach sich dafür aus, die ersten zwei Jahre nach dem Patentablauf rabattvertragsfrei zu halten, damit sich ein robuster Generikamarkt entwickeln könne und die Versorgungssicherheit gewährleistet sei. Auch die Substitutionsliste und Anreize für die Produktion seien kleine Schritte.

Die Dokumentation durch ein zentrales Register der Lieferengpässe helfe nicht weiter, so Becker. Er warnte, der Apotheker müsse dann nachweisen, dass das betreffende Medikament tatsächlich nicht lieferbar sei. Dabei ergebe sich die Gefahr von Nullretaxationen.

Abschaffen könne man die Rabattverträge aber nicht, das diese „Rieseneinsparungen” brächten, so Becker. Lieber solle man mit kleinen Schritten gehen, um „die harte Front aufzuweichen“.

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