Krankenhäuser

Verdi: Eine Fachkraft für 25 Patienten

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Berlin -

Klinik-Patienten in Deutschland werden laut der Dienstleistungsgewerkschaft Verdi aktuell oft durch eklatante Unterbesetzung in der Nacht gefährdet. Auf mehr als der Hälfte aller Stationen – rund 56 Prozent – müsse eine Fachkraft alleine durchschnittlich 25 Patienten betreuen. Verdi stützt sich auf eine bundesweit erhobene Stichprobe in mehr als 230 Krankenhäusern in der Nacht von Donnerstag auf Freitag.

„Das Patientenwohl ist immer häufiger ernsthaft gefährdet“, sagte Verdi-Vorstandsmitglied Sylvia Bühler. „Die Politik muss jetzt endlich mit verbindlichen Personalvorgaben für Sicherheit und Entlastung sorgen.“

Fahrlässig sei die Besetzung auf vielen Intensivstationen. Dort muss eine Pflegekraft der Stichprobe zufolge im Schnitt 3,3 Patienten versorgen. Die Pflegekräfte würden zum Teil aber auch mit mehr als sechs Schwerkranken konfrontiert.

Hunderte Verdi-Mitarbeiter hatten laut der Gewerkschaft in der Nacht bundesweit in 237 Krankenhäusern in 2803 Bereichen mit Schwestern, Pflegern, Helfern, Auszubildenden und einigen Ärzten über deren Arbeitssituation gesprochen. Die Klinik-Beschäftigten seien teils vorbereitet gewesen, teils überrascht worden. Trotz Debatten bei den Klinikträgern gab es von ihnen keine Blockaden der Aktion, hieß es.

Besucht wurden öffentliche, kirchliche und private Kliniken. Auf den befragten Stationen hätten in der Nacht 2862 Fachkräfte gearbeitet, 142 Hilfskräfte und 91 Auszubildende. Auf diesen Stationen seien in der Zeit 54.218 Patienten versorgt worden.

Auf neun Stationen wurden 60 und mehr Patienten versorgt. Das schlechteste Betreuungsverhältnis hätten zwei Stationen mit jeweils 68 Patienten gehabt, die von jeweils zwei Fachkräften betreut worden seien. Auf 20 Stationen wurde die Fachkraft durch einen Auszubildenden unterstützt, auf 33 durch eine Hilfskraft. Auf fünf Stationen versorgte laut Verdi eine Hilfskraft allein ohne Fachkraft die Patienten – alleine bei den Auszubildenden lag die Verantwortung in keinem Fall.

Zu 55 Prozent mussten die Schwestern und Pfleger nach eigenen Angaben in der jeweils letzten Nachtschicht nötige Leistungen bei der Versorgung der Patienten weglassen – wegen Personalmangels. Mehr als 28 Prozent der Befragten gaben an, dass nachts die Desinfektion der Hände vernachlässigt werde, weil der Arbeitsdruck hoch sei.

Der Hauptgeschäftsführer der Deutschen Krankenhausgesellschaft, Georg Baum, warf Verdi eine absolut „unseriöse Nacht-und Nebelaktion“ vor. „Zum einen hat die Gewerkschaft keine medizinische Kontrollfunktion und zum anderen schon gar keine medizinische Beurteilungskompetenz. Den in der Nacht in der Tat schwere und verantwortungsvolle Aufgaben wahrnehmenden Mitarbeitern mit suggestiv formulierten Fragebögen Defizite bei der Ausführung ihrer Arbeiten zu unterstellen, muss zwangsläufig zu absolut verfälschten Einschätzungen führen.“

Die Sicherheit der Patienten habe für die Krankenhäuser allerhöchste Priorität. Es stehe aber außer Frage, dass personelle Engpässe existieren könnten. In den Kliniken seien rund 5.000 Stellen in der Pflege unbesetzt – nicht um Kosten einzusparen, sondern weil vielerorts Pflegekräftemangel herrsche.

Gleichwohl zeige die gemeinsam mit den Krankenkassen jährlich durchgeführte Qualitätsberichtserstattung, dass die medizinische Versorgung auf gesichertem höchstem Niveau stattfinde. Absolut unrealistisch sei die von verdi in den Raum gestellte Forderung von 160.000 zusätzlichen Kräften mit einem Finanzierungsbedarf von 8 Milliarden Euro. „Es wäre viel gewonnen, wenn im Rahmen der Krankenhausreform die jährlichen Tarifsteigerungen 1:1 von den Krankenkassen erstattet würden“, so Baum.

Die Krankenkassen zeigten sich alarmiert. „Es kann nicht sein, dass die Beitragszahler Jahr für Jahr mehr Geld für die Kliniken ausgeben, aber dann, wenn sie selber krank sind, keine Krankenschwester und kein Krankenpfleger da ist“, sagte Verbandssprecher Florian Lanz.

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