Kommentar

Der Lauterbach-DocMorris-Fake

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Berlin -

Das Thema Fake News ist derzeit en vogue. Die Politik erhöht den Druck auf die sozialen Medien, damit die Betreiber auf die Verbreitung bewusster Falschmeldungen schneller und effektiver reagieren. Die Frankfurter Allgemeine Sonntagszeitung (FAS) hat auch einen Beitrag. Karl Lauterbach (SPD) sei ein Fake-News-Opfer geworden – und zwar von APOTHEKE ADHOC. Das ist eine Falschmeldung. Ein Kommentar von Alexander Müller.

Die FAS lobt Lauterbach zunächst dafür, dass er das Rx-Versandverbot nicht will. Das Blatt samt seiner Wochentagsausgabe macht sich seit Wochen in bemerkenswerter Weise für Rx-Boni stark. SPD-Fraktionsvize Lauterbach jedenfalls habe „messerscharf erkannt“, dass das Verbot auch die Patienten etwas kosten würde.

Für die Sonntagszeitung ärgerlich war höchstens, dass Lauterbach am Samstagabend seine Bedingungen für ein Rx-Versandverbot twitterte. Aber vielleicht ist das auch nur eine Fake News – eine offizielle Erklärung, wie er das meint, steht noch aus. Selbst in seiner Fraktion war man verdutzt über den vermeintlichen Sinneswandel des gern allein wandelnden Genossen. Ganz offensichtlich gibt es innerhalb der SPD aber Bewegung beim Thema Rx-Versandverbot.

Aber um diese Debatte geht es der FAS nicht – sondern um ApoRetrO, das Satireformat von APOTHEKE ADHOC zum Wochenende. Die Ausgabe Mitte Dezember trug den Titel „Mitfahrgelegenheit“. Die Story: Lauterbach will sich selbst ein Bild vom Apothekensterben machen und besucht alle (!) Landapotheken. Er stellt sich mit erhobenem Daumen an die Straße und wird vom (nicht existenten) DocMorris-Bus mitgenommen. Nicht unbedingt etwas für britisch geprägte Fans subtilster Ironie, aber doch hoffentlich auch für Leichtgläubige noch in sicherer Entfernung zu einer Fake News.

Den Beitrag hat die FAS womöglich erst später zur Kenntnis genommen. Zunächst war die Bildmontage aufgefallen, die unter Apothekern kursiere. In dieser schwebt Lauterbach in besagtem Bus, vor dem DocMorris-Vorstand Max Müller in Macherpose steht. Der Bus ist angeblich „provided by SPD“ und zusätzlich beklebt mit einem Lauterbach-Foto, unter dem die Internetadresse www.facebook.com/apothekenstuss angegeben ist. Das ADHOC-Logo ist ebenfalls Teil der offensichtlichen Montage.

Für die FAS ist das vermeintliche Foto dennoch geeignet, den Anschein zu erwecken, Lauterbach sei ein Handlanger der Versandapotheken. Dabei seien sich alle Beteiligten einig, dass Lauterbachs Gesicht in Wahrheit nie auf dem Bus zu sehen war. Na so was. Und wer auf der Seite der Urheber, –„das unter Apothekern beliebte Online-Portal APOTHEKE ADHOC“ (danke dafür!) – „genau hinschaut, sieht darunter sogar den Hinweis, dass es sich um eine Montage handelt“. Fürs nächste Mal: Satire steht auch noch über dem Text.

Obwohl Lauterbach in der FAS-Überschrift der Däinghaus-Titel „Apotheker-Schreck“ zuerkannt wird, darf er klarstellen, seit mindestens zehn Jahren nicht mit DocMorris gesprochen zu haben. Das ist mit Sicherheit korrekt, denn mit einer Kapitalgesellschaft kann man gar nicht sprechen. Ein Faktencheck, der in diese Aussage Celesio-Vertreter in den entscheidenden Jahren mit einschließen würde, ist allerdings müßig. Generell sei an dieser Stelle aber deutlich gesagt, dass Lauterbach insgesamt als Abgeordneter mit Lobbyistenallergie gilt. Da sind andere mit Sicherheit kuschelbedürftiger.

Dass es sich um Satire handelt, bemerkt übrigens auch die FAS. Den Apothekern traut die Zeitung das offenbar nicht zu. Denn jetzt würden manche Apotheker ihren Kunden erzählen, Lauterbach fahre in einem von DocMorris gesponserten Bus durch die Gegend. Oder ist das jetzt eine Fake News über Fake News? Das Ende ist für die FAS jedenfalls klar: „Und schon hält die Mehrheit der Deutschen das Versandhandelsverbot für eine gute Sache. So einfach geht das.“ Wenn es so einfach ginge.

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