Arzneimittelversorgung

Hersteller: Kassen-Forderungen sind absurd

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Berlin -

Die Forderungen des GKV-Spitzenverbands für eine bessere Arzneimittelversorgung treffen nicht nur bei Apothekern, sondern auch bei der pharmazeutischen Industrie auf Kritik. Die Kassen hatten am Freitag ihr Positionspapier für Qualität und Finanzierbarkeit der Arzneimittelversorgung vorgestellt. Darin fordern sie unter anderem, dass der Erstattungsbetrag rückwirkend gelten soll und Arzneimittel ohne Zusatznutzen nicht erstattet werden müssen.

„Das ist absurd und wenig zielführend“, sagt Henning Fahrenkamp, Hauptgeschäftsführer des Bundesverbands der Pharmazeutischen Industrie (BPI). Die Politik habe mit der Neuregelung der Erstattung im ersten Jahr einen Anreiz für innovative Arzneimittel gesetzt. „Diesen zu streichen verschärft die wirtschaftliche Unsicherheit der Unternehmen.“ Aus seiner Sicht würden Innovationen die Patienten in Deutschland noch später als heute schon oder gar nicht mehr erreichen. „Und für Patienten bedeutet dies, dass die Therapievielfalt entzogen wird“, so Fahrenkamp. Zusätzliche Optionen, auch ohne Zusatznutzen, seien immer ein Gewinn.

Mit Blick auf die Forderung des GKV-Spitzenverbands nach einem „Modernisierungsschub“ erklärte Fahrenkamp: „Modernisieren muss man: Und zwar das Verfahren der frühen Nutzenbewertung.“ Es könne nicht angehen, dass der GKV-Spitzenverband an allen Stadien des Verfahrens mitwirke und damit bildlich gesprochen Schiedsrichter und Spieler in einem sei.

Auch das „ewige Klagelied über gestiegene Arzneimittelausgaben“ ist für Fahrenkamp nicht nachvollziehbar. „Durch die mehr als überfällige Rückführung des befristet auf 16 Prozent erhöhten Herstellerzwangsabschlags sind die Ausgaben im Jahr 2014 naturgemäß gestiegen – und zwar ziemlich genau um die Minderung des Zwangsrabattes“, erklärt der BPI-Hauptgeschäftsführer.

Der Verband forschender Arzneimittelhersteller (vfa) merkte an, dass bereits heute viele Patienten trotz anerkanntem Zusatznutzens nicht die notwendige Behandlung mit neuen Arzneimitteln erhielten. Versorgungsraten von 10 Prozent – und damit Unterversorgungsraten von 90 Prozent – seien Realität.

Zudem sei die Refinanzierung der hohen Aufwendungen für Arzneimittelforschung nicht mehr gewährleistet, wenn die Preise für neue Medikamente hierzulande unter den europäischen Durchschnitt sänken. Mittlerweile liegen laut vfa 82 Prozent der deutschen Preise für neue Arzneimittel unter dem europäischen Mittel, 38 Prozent sind sogar die niedrigsten in Europa,

Hauptgeschäftsführerin Brigit Fischer erklärte: „Qualität und Wirtschaftlichkeit in der Arzneimittelversorgung sind zwei Seiten einer Medaille.“ Einseitige Einsparungen zu Lasten der Qualität schwächten die Gesundheitsversorgung der Patienten. „Deutschland bleibt unter seinen Möglichkeiten, wenn Innovationen auf's Spiel gesetzt werden, anstatt medizinischen Fortschritt durch die Erforschung und den Einsatz neuer Arzneimittel für Patienten zu nutzen“, so Fischer.

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