Festbeträge

Diefenbach: Aufzahlungen sind unsozial

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Berlin -

Die jüngste Runde der Festbetragssenkung zum 1. Juli hat – vor wie hinter dem HV-Tisch – viel Kritik und Verärgerung ausgelöst. Apothekern bleibt immer weniger Zeit für die eigentliche Beratung der Patienten; die wiederum zahlen teilweise weit mehr. Dr. Hans Rudolf Diefenbach, stellvertretender Vorsitzender des Hessischen Apothekerverbandes (HAV), fordert eine Neuordnung des GKV-Marktes, bei der auch Festbeträge auf den Prüfstand gehörten.

Für die Versicherten bedeuteten die neuen Festbeträge eine teilweise dramatische Belastung, so Diefenbach: „Es ist schon eine erschütternde Situation, wenn ein Patient vor einem steht und jetzt rund 500 Euro und mehr selbst bezahlen muss.“ Es sei sozial unverträglich, wenn sich Patienten in einem Maße beteiligen müssten, das sie nicht tragen könnten. Das sei etwa bei einigen Arzneimitteln der Fall. Die Krankenkassen seien gnadenlos.

„Zwar gibt es zu einigen Arzneimitteln preiswerte Alternativen, die in zahlreichen Fällen jedoch nicht verfügbar sind, weil aufgrund der Rabattverträge der Markt leergefegt ist“, so Diefenbach. „Wir sollten uns Gedanken darüber machen, wie viele Millionen arme Menschen in Deutschland leben.“

Auch sei der Beratungsaufwand für wirtschaftliche Hintergrunderklärungen so groß, dass für die eigentliche pharmazeutische Beratung nicht genügend Zeit bleibe. „Ich habe Kunden, die denken, dass die Apotheker hinter den neuen Zahlungen stecken“, sagt Diefenbach. „Wenn fünf Patienten nacheinander Blutdrucksenker brauchen, reicht die Zeit nicht aus, noch Alternativen aufzuzeigen“, sagt Diefenbach. Die soziale Komponente bleibe völlig außen vor.

Er fordert deshalb eine Neuordnung: „Es ist an der Zeit, dass die Zwangsinstrumente, wie Rabattverträge und Festbeträge, durch Regularien abgelöst werden, welche die Versorgungssituation der Patienten sozialverträglicher gestalten“, so Diefenbach. Das gesamte Maßnahmenpaket gehöre auf den Prüfstand. „Die Patienten verstehen es nicht mehr und wir merken, dass die Mediziner es auch nicht wissen.“

Die Selbstbeteiligung durch Patienten sollte mit der Zuzahlung von 5 bis 10 Euro abgegolten sein, findet Diefenbach. Den Rest müssten die Kassen tragen. „Die Zuzahlungsregelung ist gut nachvollziehbar für Patienten, aber jetzt kommen ständig Aufzahlungen dazu.“ Dass Hersteller die Preise nicht immer senken, kann er verstehen. Diefenbach kritisiert, der Festbetrag diene ausschließlich dem Sparwahn der Kassen.

Diefenbach fordert, dass Politik und Kassen sich einigen, wie sie die Gesundheitspolitik gestalten wollen, „aber in Zusammenarbeit mit Medizinern und Pharmezeuten“, so Diefenbach. Das System müsse transparent sein und Pharmazeuten die Arbeit ermöglichen.

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