BSG-Urteil

G-BA: Wer vertritt die Patienten?

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Berlin -

Im März 2011 strich der Gemeinsame Bundesausschuss (G-BA) Harn- und Blutzuckerteststreifen für Typ-2-Diabetiker, die kein Insulin spritzen müssen, aus dem GKV-Leistungskatalog. Diabetiker-Organisationen protestierten. Der Vorsitzende des Deutschen Diabetiker Bundes, Dieter Möhler, klagte gegen den G-BA – erfolglos: Das Bundessozialgeicht (BSG) wies seine Klage nun ab.

Möhler nahm als Patientenvertreter an den Beratungen des G-BA zu den lang wirkenden Insulinanaloga, Glitazonen und Harn- und Blutzuckerteststreifen teil. Er beantragte, das Verfahren zur Änderung der Arzneimittel-Richtlinie einzustellen. Der Antrag wurde jedoch bei der Abstimmung nicht miteinbezogen. Aus Sicht von Möhler waren die Beschlüsse daher nichtig.

Schon das Landessozialgericht Berlin-Brandenburg (LSG) hatte seine Klage im Februar 2013 abgewiesen. Die Richter führten aus, dass Patientenvertreter ausschließlich ein Mitberatungsrecht haben. Möhler führte unter anderem das Diskriminierungsverbot und das Demokratieprinzip an, gegen die mit der Einschränkung der Rechte der Patientenvertreter verstoßen werde. Dem Patientenwillen werde nur Rechnung getragen, wenn der sachnähere Patientenvertreter Anträge stellen dürfe.

Laut BSG haben dieses Recht aber nur die anerkannten Patientenorganisationen, die den Patientenvertreter benennen. Da der Kläger nicht im Namen der Patientenorganisation den Antrag gestellt habe, sondern in der Funktion als Patientenvertreter, sei dieser nichtig. Zudem hätten die Organisationen auf Nachfrage ausdrücklich mitgeteilt, den vom Kläger formulierten Antrag nicht gestellt haben zu wollten.

Ein unabhängiges Antragsrecht jeder einzelnen sachkundigen Person, so das Gericht, könnte die Arbeitsfähigkeit des G-BA beeinträchtigen, da eine Vielzahl solcher aus verschiedenen Bereichen an den Beratungen teilnähmen. Patientenorganisation seien dagegen in der Lage, unterschiedliche Interessen zu bündeln.

Der Deutsche Diabetiker Bund selbst ist keine anerkannte Patientenorganisationen, sondern nur indirekt als Teil des Deutschen Behindertenrats. Daneben gelten die Bundesarbeitsgemeinschaft der PatientenInnenstellen, die Deutsche Arbeitsgemeinschaft Selbsthilfegruppen und die Verbraucherzentrale Bundesverband als Patientenorganisationen.

Bezüglich der demokratischen Legitimation gebe es, so das BSG, teilweise kritische Beurteilungen des bestehenden Systems. Die Lösung sei allerdings schwierig, insbesondere weil die Rolle des „Patienten“ kaum geeignet sei, eine darauf aufbauende Repräsentationsstruktur zu entwickeln. Allein die Stärkung der Rechte einzelner Patientenvertreter, die die Interessen und Sichtweisen einer speziellen Gruppe verträten, komme einer Lösung nicht näher, dafür aber der Gefahr einer gleichheitswidrigen Berücksichtigung von Einzelinteressen.

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