Apothekerlobby

ABDA-Reform könnte Millionen kosten

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Berlin -

Die ABDA baut um – nicht nur den Standort in Berlin, sondern auch ihre Struktur. Die beiden wirtschaftenden Töchter Govi und WuV sollen zusammengelegt und die IT integriert werden. Hintergrund sind dem Vernehmen nach Probleme mit dem Finanzamt. Hauptgeschäftsführer Dr. Sebastian Schmitz hat zur ABDA-Reform bei der Unternehmensberatung KPMG ein Gutachten in Auftrag gegeben. Das kommt zu dem Ergebnis, dass die neue Struktur einen Millionenbetrag kosten könnte.

Zur ABDA-Gruppe gehören der Govi-Verlag, die Werbe- und Vertriebsgesellschaft Deutscher Apotheker (WuV) sowie die Verwaltungsgesellschaft Deutscher Apotheker (VGDA). Nur ein kleiner Kreis in der Jägerstraße kennt die verborgenen Winkel im ABDA-Imperium. Denn obwohl Govi, WuV und VGDA im internen Geschäftsbericht der ABDA als Tochterfirmen geführt werden, sind die Geschäftsanteile seit jeher formal bei Treuhändern.

Auf diese Weise werden die Unternehmen bei der ABDA nur rudimentär bilanziert; wie groß der „ABDA-Konzern“ tatsächlich ist und wie profitabel die einzelnen Geschäftsbereiche sind, wissen nicht einmal Spitzenvertreter des Berufsstandes. Die ABDA ist als nicht rechtsfähiger Verein in der Konstruktion nicht mehr als ein vertraglicher Zusammenschluss mehrerer formal voneinander unabhängiger Unternehmen, in der Form einer Gesellschaft bürgerlichen Rechts (GbR).

Im Grundsatz soll an der Treuhänder-Struktur auch nichts geändert werden; statt zwei wirtschaftenden Tochterunternehmen soll es künftig nur noch eins geben. Intern wird die geplante Verschmelzung vor dem Hintergrund der Transparenzoffensive verkauft. Außerdem werden den wenigen Eingeweihten Einsparungen versprochen, die allerdings wegen wegfallender buchhalterischer Jongliermöglichkeiten gering ausfallen dürften.

In der Vergangenheit hat die ABDA die Strukturen geschickt zu nutzen gewusst. So gibt es für Mitarbeiter häufig Verträge mit mehreren Arbeitgebern aus der ABDA-Welt; auf diese Weise lassen sich größere Gehaltsposten im Haushalt vermeiden.

Als organisatorische und finanzielle Drehscheibe fungiert die VGDA. Hier werden seit Jahren Immobilien- und Versicherungsgeschäfte, Investitionen in Technik und EDV sowie zuweilen Personalangelegenheiten abgewickelt. Auf alle Buchungen werden 5 Prozent aufgeschlagen – Jahr für Jahr wurde so bis 2012 ein Nettobetrag von 200.000 Euro abgezweigt.

Für die geplante Aufräumaktion gibt es also vermutlich eher einen externen Anlass. Dem Vernehmen nach hat das Finanzamt schon seit Jahren Probleme mit der ABDA-Konstruktion. Im Dickicht der verschiedenen Drehscheiben sind (tatsächliche) Leistungen und Buchungen nur schwer nachzuvollziehen. Gut möglich, dass der überraschende Abgang von Finanzgeschäftsführer Jürgen Siegemund vor einem Jahr und der Einsatz eines Unternehmensberaters im Zusammenhang damit zu sehen sind.

ABDA-Sprecher Dr. Reiner Kern war für Nachfragen bislang nicht zu erreichen, hatte aber schon Ende vergangenen Jahres erklärt, dass man sich zu Veränderungen in der Organisation der Tochterunternehmen vorerst nicht äußere.

Laut KPMG könnte die geplante Verschmelzung zu verschiedenen steuerlichen Problemen führen. Treuhandverhältnisse sind in der Auseinandersetzung mit dem Fiskus ein Ritt auf der Rasierklinge. Bei Grundbesitz etwa wird laut KPMG generell nicht auf den wirtschaftlichen, sondern auf den zivilrechtlichen Eigentümer abgestellt.

Da die WuV das Apothekerhaus in Eschborn für die ABDA hält, könnte die Einbringung in ein neues Gemeinschaftsunternehmen Grunderwerbsteuer auslösen – je nach Modell sogar doppelt: Auf rund 500.000 beziehungsweise mehr als eine Million Euro schätzen die KPMG-Experten das Risiko alleine in diesem Bereich.

Weitere 1,5 Millionen Euro könnten im Extremfall an Ertragssteuer anfallen. Denn wenn das Finanzamt die Treuhänderstruktur nicht anerkennt, müssten bei der Einbringung in das Gemeinschaftsunternehmen die stillen Reserven aufgedeckt werden. Bislang werden die Anteile an WuV und Govi bei der ABDA zum Buchwert geführt, die erheblichen Vermögenswerte also gar nicht berücksichtigt. Zu guter Letzt könnten Verlustvorträge in Höhe von 165.000 Euro bei der Einbringung verfallen, künftig also nicht mehr steuerlich mit Gewinnen verrechnet werden.

Wie das Finanzamt die Konstruktion bewerte, müsse die ABDA im Rahmen einer Abfrage vorab herausfinden, heißt es im KPMG-Gutachten. Schon 2008 hatte sich die Standesorganisation eine verbindliche Auskunft zur Fortschreibung der Buchwerte besorgt – diese sei aber nicht mehr bindend, warnen die Experten.

Für die konkrete Umsetzung empfiehlt KPMG, den Govi-Verlag auf die WuV zu verschmelzen. Auf diese Weise ließen sich die Steuerbelastungen zumindest reduzieren. Auf Kosten von mindestens 500.000 Euro muss sich die ABDA laut Gutachten aber einstellen.

Dazu kommen rund 140.000 Euro, die durch die Abspaltung der IT bei der VGDA infolge Aktivierung der stillen Reserven fällig werden könnten. Hier hat die ABDA ein Modell von vornherein ausgeschlossen: Der „Verkauf“ des IT-Bereichs von VGDA an WuV/Govi komme nicht infrage, da dabei alle Vertragspartner einbezogen werden müssten. So viel Aufwand oder Transparenz – je nach Sichtweise – wollte man sich in der Jägerstraße dann doch nicht zumuten.

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