Studienskandal

Bupropion: Neuraxpharm droht Lücke

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Berlin -

Zulassungsstudien, die nicht den europäischen Standards entsprechen: Seit Dezember hat die Europäische Arzneimittelagentur (EMA) die Zustände beim indischen Dienstleister Micro Therapeutic untersucht. Nun wird es ernst, mehrere hundert Zulassungen sollen suspendiert werden. In Deutschland sind drei Präparate betroffen. Puren hofft aber, dass noch rechtzeitig neue Daten akzeptiert werden.

Die ursprüngliche EMA-Liste aus dem Dezember hatte rund 370 Einträge; in Deutschland waren zunächst elf Hersteller und 37 Zulassungen betroffen. Die meisten Präparate waren nicht auf dem Markt; aktuell sind drei Produkte betroffen, die tatsächlich vermarktet und nach Ablauf der Widerspruchsfrist demnächst wahrscheinlich zurückgerufen werden.

Hormosan muss aller Voraussicht nach das Kontrazeptivum Maexeni 30 aus den Apotheken zurückrufen. Bei Neuraxpharm ist das Antidepressivum Bupropion 300 mg betroffen. Der Hersteller ist neben dem Originalhersteller GlaxoSmithKline (Elontril) der einzige Anbieter der Tabletten mit veränderter Wirkstofffreisetzung. In Langenfeld arbeitet man unter Hochdruck daran, die entsprechenden Daten neu aufzubereiten und das Produkt schon nach kurzer Pause wieder auf den Markt bringen zu können. Die Variante à 150 mg ist nicht betroffen.

Den Rückruf noch verhindern zu können, hofft Puren. Der Hersteller steht mit Voriconazol auf der Liste, hat aber bereits die erforderlichen Daten nachgereicht. In München hofft man, dass die Behörden die Unterlagen noch vor Ablauf der Widerspruchsfrist anerkennen.

Ermittler der Zulassungsbehörden aus Österreich und den Niederlanden hatten bereits im Februar 2016 Verstöße bei Micro Therapeutic in Indien aufgedeckt. Betroffen waren die Studienzentren in Chennai und Coimbatore im Bundesstaat Tamil Nadu. Bemängelt wurden mehrere eklatante Mängel bei der Studiendurchführung in den Studienzentren, unter anderem erhebliche Mängel in der Dokumentation der inspizierten Studien und der Datenhandhabung bis hin zur Falschdarstellung von Studiendaten.

Diese Missstände stellen laut EMA die Glaubwürdigkeit der Studiendaten, die die Zentren zwischen Juni 2012 und Juni 2016 geliefert haben, in Frage. Daher könnten sie nicht als Grundlage für Zulassungen akzeptiert werden. Laut EMA liegen allerdings keine Anhaltspunkte dafür vor, dass die auf Basis dieser Studien zugelassenen Arzneimittel schädlich oder unwirksam sind.

Die Empfehlung der EMA wird nun an die EU-Kommission geschickt, um einen rechtlich bindenden Durchführungsbeschluss zu erwirken. Das Ruhen der Zulassungen wird veranlasst, sobald die Widerspruchsfrist bei der abgelaufen ist. Es kann wieder aufgehoben werden, sobald mit zusätzlichen Daten die Bioäquivalenz belegt wird. Laut Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte (BfArM) sind in Deutschland keine für die Patientenversorgung kritischen Arzneimittel betroffen, für die eine Ausnahme in Frage kommen könnte.

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