Geburtenstatistik

Dienstagskinder sind gesünder

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Berlin -

Würden alle Babys an einem Dienstag zur Welt kommen, könnten pro Jahr etwa 770 Todesfälle verhindert werden. Das geht aus Daten einer groß angelegten Beobachtungsstudie hervor, die der britische Gesundheitsdienst NHS ausgewertet hat. Ob die angespannte Personalsituation in den Krankenhäusern der Grund ist, soll jetzt herausgefunden werden.

Wochenendgeburten sind in englischen Krankenhäusern offenbar kritischer als Geburten unter der Woche. Der NHS untersuchte im Rahmen der Studie 1,35 Millionen Geburten zwischen 2010 und 2012. Erfasst wurden unter anderem Infektionen, Todesfälle und Komplikationen während oder nach der Geburt. Die Daten wurden getrennt nach Wochentagen und im Vergleich Werktage/Wochenende ausgewertet.

Pro 1000 Geburten sterben demnach in den teilnehmenden Krankenhäusern 6,5 Kinder an Wochentagen. Samstags und sonntags steigt die Rate auf 7,1 Todesfälle pro 1000 Geburten. Trennt man nach einzelnen Tagen, treten an Dienstagen die wenigsten Komplikationen auf. Auch für die Mütter hat der Zeitpunkt der Geburt Konsequenzen: Die Rate von Infektionen stieg von 8,2 unter der Woche auf 8,7 Fälle pro 1000 Personen am Wochenende. Mütter, die ihre Kinder am Wochenende bekamen, litten außerdem signifikant häufiger unter Dammrissen.

Über die Gründe des „Wochenend-Effektes“ wird diskutiert. Möglicherweise können die Unterschiede mit der allgemein schlechteren Personalsituation in Krankenhäusern am Wochenende erklärt werden, schreiben die Autoren der Studie. Komplikationen bei der Geburt können nicht mit der gleichen Qualität behandelt werden wie an anderen Wochentagen, an denen mehr Ärzte und Pfleger anwesend sind.

Zumindest einige Daten weisen darauf hin, dass die Annahme korrekt ist: Die Zahl der Dammrisse war in den Krankenhäusern höher, in denen weniger Personal anwesend war als in den nationalen Empfehlungen vorgesehen. Um diesen Zusammenhang sicher zu bestätigen, reichen die Daten allerdings noch nicht aus. Dafür sei weitere Forschung nötig, betonen die Verantwortlichen.

Dafür soll in zukünftigen Projekten Ursachenforschung betrieben werden. Man wisse jetzt, dass die Sterberate von Neugeborenen am Wochenende höher sei. Welches aber genau die Gründe seien, sei noch nicht klar. Dazu gebe es zu viele Aspekte, die in der Studie noch nicht untersucht wurden, so die Initiatoren.

Die Säuglingssterberate in Großbritannien ist vergleichsweise hoch. 2013 starben laut Daten der CIA World Factbook im Schnitt 4,5 Kinder pro 1000 Geburten. Damit steht das vereinigte Königreich in Westeuropa an der Spitze. In Deutschland lag die Rate bei 3,43 Todesfällen.

In England haben die Daten eine besondere Brisanz: Die Assistenzärzte, die „Junior Doctors“, wehren sich vehement gegen Pläne, die Arbeitsbedingungen in den NHS-Krankenhäusern zu verändern. Der NHS will der angespannten Personalsituation entgegenwirken und die Anzahl der diensthabenden Ärzte am Wochenende anheben.

Der Verdienst der Mediziner soll insgesamt um 11 Prozent angehoben werden, allerdings auf Kosten der Wochenendarbeit: Die Zusatz-Honorare, die bisher samstags und sonntags ausgezahlt wurden, sollen zukünftig erst ab Samstagabend abrechenbar sein. Dagegen laufen die Ärzte Sturm: Im Dezember sind Streiks geplant. Die neuen Studiendaten dürften den Konflikt über die Personalsituation am Wochenende zusätzlich befeuern.

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