Studie

Warum ein Bauernhof vor Allergien schützt

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München -

Stadtkinder leiden häufiger unter Allergien als Kinder vom Bauernhof. Ihr gut trainiertes Immunsystem neigt weniger zur Überreaktion, vermuten Experten. Bestimmte Teile von Bakterien und ein Enzym im Körper spielen dabei eine Rolle, berichten Forscher nun.

Auf Bauernhöfen lebende Kinder bekommen seltener Allergien - dem Mechanismus dahinter sind Forscher nun ein Stück näher gekommen. Demnach sind Endotoxine ein bedeutsamer Faktor, von Bakterien freigesetzte Verbindungen, die vom Menschen über die Schleimhäute aufgenommen werden. Versuche mit Mäusen hätten gezeigt, dass diese bei täglicher Aufnahme solcher Substanzen weniger stark auf allergieauslösende Faktoren reagieren, berichtet das Team im Fachmagazin „Science“. Vermittelt werde der schützende Effekt über das Enzym A20, das Entzündungsreaktionen im Körper beeinflusst.

Kinder auf Bauernhöfen oder mit Haustieren in der Wohnung atmen über den Staub aus Stall oder Käfig mehr Pilz- und Bakterienpartikel ein. Vor allem bestimmte bei Kühen vorkommende Mikroben gelten als allergiemindernd. Neben vielen anderen Partikeln enthält der Staub in der Luft auch verschiedene Endotoxine, stabile Bestandteile der äußeren Zellmembran von Bakterien. Über die Schleimhäute oder andere Wege in den Körper aufgenommen, aktivieren sie bestimmte Signalwege und führen so zu Entzündungen.

Die Forscher um Martijn Schuijs von der Universität Gent in Belgien und Erika von Mutius von der Ludwig-Maximilians-Universität in München hatten nun Mäuse zwei Wochen lang täglich Endotoxine in niedrigen Dosen verabreicht, zudem gab es eine unbehandelte Kontrollgruppe.

Anschließend wurden die Tiere beider Gruppen Staubmilben ausgesetzt, die auch beim Menschen allergische Reaktionen auslösen können. Die mit Endotoxinen behandelten Tiere hätten keine allergischen Symptome entwickelt, wohl aber die Kontrollgruppe, berichten die Forscher. Ähnliche Ergebnisse gab es, wenn den Tieren auf deutschen Bauernhöfen gesammelter Staub verabreicht wurde.

In weiteren Versuchen prüften die Wissenschaftler die Abläufe in menschlichem Gewebe. Sie analysierten mit Zellkulturen von Lungengewebe gesunder Probanden und Asthma-Patienten, wie die Zellen auf Endotoxine reagieren. Bei den Gesunden hätten sich weniger der für Allergien typischen Entzündungsmoleküle gebildet, heißt es in der Studie. Für A20 zeigte sich bei diesen Probanden, dass es in größeren Mengen in den Zellen vorhanden war als bei Asthmatikern. Für die schützende Rolle einer Bauernhof- oder Tierhaltungsumgebung sei dieses Enzym demnach ein wichtiger Faktor, schließen die Forscher.

Ein ausgeglichenes Immunsystem ignoriert Allergene wie Hausstaub oder Pollen. Bei Allergikern aber wird der vermeintliche Feind mit aller Macht bekämpft: Die Atemmuskulatur verkrampft, die Schleimhaut der Bronchien schwillt. Studien haben gezeigt, dass Kinder, die auf dem Bauernhof groß werden, viele ältere Geschwister haben oder früh in einer Krippe sind, seltener an Asthma und Allergien erkranken.

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