Vorsorgeuntersuchungen

Warentest: Ärzte beraten schlecht

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Berlin -

Nicht nur Apotheker schneiden bei Stiftung Warentest schlecht ab, sondern auch Ärzte. Die Zeitschrift wollten wissen, wie gut Männer bei der Früherkennung von Prostatakrebs beraten werden und schickte Tester anonym zu Urologen und Allgemeinmedizinern. Demnach hat kein Arzt umfassend und ausgewogen beraten.

Ende vergangenen Jahres besuchten die Tester im Alter zwischen 49 und 67 Jahren jeweils zehn Allgemeinmediziner und Urologen in Bayern. Sie sollten prüfen, ob die Ärzte so beraten, dass sie eine informierte Entscheidung über Vorsorgeuntersuchungen treffen können.

Laut Warentest waren richtige Hilfestellung und Antworten auf wichtige Fragen in dieser Stichprobe Mangelware. Viele Ärzte boten demnach überflüssige Tests an oder machten fachliche Fehler. Meist sei zu kurz gekommen, dass Früherkennungsuntersuchungen auch Risiken bergen. Konkret dazu befragt, habe ein Allgemeinarzt gesagt: „Was soll das für Nachteile haben? Das ist doch nur Diagnostik.“

Auffallend seien die Unterschiede zwischen den Fachgruppen gewesen: Die Urologen im Test hätten etwas ausführlicher beraten als die Allgemeinmediziner, häufiger aber für die Untersuchungen geworben. Viele hätten den Nutzen zu positiv dargestellt, die Krankheit selbst als übertrieben bedrohlich.

Prostatakrebs ist laut der Zeitschrift in Deutschland der häufigste bösartige Tumor bei Männern. Er entstehe meist erst in späteren Lebensjahren und wachse so langsam, dass er selten Probleme bereite. Betroffene stürben oft nicht an der Geschwulst, sondern altersbedingt an etwas anderem. Diesen Zusammenhang hätten sieben Allgemeinmediziner korrekt dargestellt, aber nur drei Urologen. Kein Arzt habe den Testern ein konkretes Erkrankungsrisiko im Hinblick auf das individuelle Alter genannt.

Als Möglichkeiten der Früherkennung nannten die Ärzte Warentest zufolge die Tastuntersuchung, den sogenannten PSA-Test und einen Ultraschall. Die erste Methode zahlt die Kasse. Dabei tastet der Arzt mit einem Finger vom Enddarm aus die Prostata ab. Das Verfahren sei simpel, spüre aber kleine Tumore nicht auf. Entsprechend hätten viele Mediziner betont, dass der Check allein nicht ausreiche.

Sieben Urologen und zwei Allgemeinmediziner empfahlen im Test stattdessen „Komplettpakete“ aus Tastuntersuchung, PSA-Test und Ultraschall. Die Kosten lagen zwischen 50 bis 300 Euro. Besonders Privatpatienten seien die Gesamtpakete angeboten worden. Ultraschall-Aufnahmen zeigten jedoch meist erst größere Tumore, die Ärzte auch durch Abtasten fänden, so Warentest. Die Ärzte-Leitlinie betone, Ultraschall sei allgemein zur Früherkennung „nicht geeignet“. Etliche Ärzte im Test hätten die Methode dennoch empfohlen.

Alle Ärzte brachten laut Warentest einen den sogenannten PSA-Test ins Gespräch, bei dem per Blutprobe nach prostataspezifischem Antigen gesucht wird. Einzeln kostete er in den geprüften Praxen 10 bis 35 Euro. Der Test könne Prostatakrebs früh entdecken, habe aber einige Risiken. Die Ärzte-Leitlinie empfehle ihn kombiniert mit der Tastuntersuchung – und nur, wenn Männer ihn nach der Aufklärung über die Vor- und Nachteile wünschten.

Bei unauffälligen Ergebnissen reichen Wiederholungen alle vier Jahre. Sechs Urologen und drei Allgemeinmediziner empfahlen laut Test aber von vornherein PSA-Prüfungen im Jahrestakt. Ein Arzt habe geraten: „Kommen Sie alle sechs Monate.“ Viele Ärzte wirkten demnach bestimmend und stellten PSA-Test oder Komplettpaket als alternativlos dar.

Unzureichend hätten die Mediziner auch über die Vor- und Nachteile des PSA-Tests aufgeklärt. Fast alle stellten demnach den Nutzen zu positiv dar. So hätten nur zwei Urologen und vier Allgemeinmediziner darauf hingewiesen, dass eindeutige wissenschaftliche Belege dafür fehlten, dass der PSA-Test die Sterblichkeit an Prostatakrebs verringern könne. Nach jetzigem Forschungsstand nütze er höchstens einem Bruchteil der Nutzer, schreibt Warentest.

Konkret zu Nachteilen befragt, hätten mehrere Ärzte abgewiegelt: „Darüber reden wir, wenn es so weit ist“, so ein Mediziner. Ein anderer meinte: „Ich kann jetzt keine Lehrveranstaltung machen.“ Eine Urologin habe das gesamte Gespräch nach acht Minuten beendet: „Keine weiteren Fragen? Ich habe noch kranke Patienten, die auf mich warten!“

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