Studie

Mehrarbeit: Für Geringverdiener nicht immer sinnvoll

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Gütersloh -

Mehrarbeit lohnt sich für Geringverdiener nicht immer. In unteren Einkommensgruppen kann das Zusammenwirken von Sozialabgaben, Transferleistungen und Einkommenssteuer dazu führen, dass von Lohnzuwächsen nichts im Portemonnaie ankommt. Im schlimmsten Fall kann am Ende sogar weniger übrig bleiben als ohne den Mehrverdienst. Das geht aus einer nun veröffentlichten Studie des Zentrums für Europäische Wirtschaftsforschung (ZEW) im Auftrag der Bertelsmann-Stiftung hervor.

Die Studienautoren hatten für sechs Musterhaushalte – vom Alleinerziehenden mit einem Kind bis zum Doppelverdienerpaar ohne Kinder – untersucht, wie viel von einem zusätzlich verdienten Euro übrig bleibt, wenn man Beiträge zur Sozialversicherung, Einkommenssteuern und den möglichen Entzug von Sozialleistungen wie Wohngeld oder Kinderzuschlag berücksichtigt. Das Ergebnis: Untere Einkommensgruppen werden dadurch deutlich stärker belastet als Spitzenverdiener.

Von einem hinzuverdienten Euro bleibt nach den Berechnungen der Stiftung bei einem Single-Haushalt mit einem jährlichen Haushaltsbruttoeinkommen von 17.000 Euro nichts übrig. Bei einem Einkommen von 75.000 Euro brutto würden dagegen 56 Cent je Euro in der Haushaltskasse verbleiben. Der Grund: Bei Geringverdienern würde angesichts des Mehrverdienstes im gleichen Ausmaß das Arbeitslosengeld II gekürzt. „In einigen Fällen finden wir Grenzbelastungen von über 120 Prozent, der hinzuverdiente Euro sorgt damit für 20 Cent netto weniger in der Haushaltskasse“, erklärte Manuela Barisic von der Bertelsmann-Stiftung.

Aber auch bei etwas besser Verdienenden zeigt sich den Berechnungen zufolge ein ähnliches Bild. So bleiben einem Ehepaar mit zwei Kindern und einem Alleinverdiener bei einem jährlichen Bruttoverdienst von 40.000 Euro von einem zusätzlich verdienten Euro 56 Cent übrig. Wer dagegen 90.000 Euro brutto verdient, kann 66 Cent behalten.

Die Studienautoren fordern deshalb Änderungen am Gesamtsystem aus Einkommenssteuer, Sozialabgaben und Transferleistungen. „Mehr Arbeit und Lohn müssen sich für die Krankenschwester genauso auszahlen wie für den Unternehmensberater“, erklärte der Vorstandsvorsitzende der Bertelsmann Stiftung, Aart De Geus. Mit Reformen müssten die Regelungen so aufeinander abgestimmt werden, dass sich mehr Erwerbsarbeit für jeden lohne.

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