Soziale Medien

Hype um Paracetamol-Challenge

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Berlin -

Ein gefährlicher Hype geht um im Internet. Unter dem Hashtag #paracetamolchallenge fordern sich Jugendliche in den sozialen Netzwerken Facebook und Instagram auf, möglichst große Mengen des Schmerzmittels Paracetamol einzunehmen. Britische Medien sind entsetzt, sogar die Polizei warnt vor dem Spiel – aber das gibt es anscheinend gar nicht.

Mitte Mai veröffentlichte die schottische Tageszeitung Scotsman einen Artikel über Schüler, die ihr Leben in der so genannten Paracetamol-Challenge riskieren. Die Aufgabe: So viele Tabletten wie möglich auf einmal schlucken.

Die Spielregeln: Der Nominierte erfüllt die Challenge und filmt sich dabei. Das Video wird in den sozialen Netzwerken wie Facebook und Instagram geteilt. Der Kandidat nominiert weitere Personen aus seinem Netzwerk für die Mutprobe: Diese müssen innerhalb einer Frist die gleiche Übung absolvieren, das Video teilen und weitere Freunde nominieren. Ein Kettenbrief in der digitalen Zeit.

Eine Woche nach der ersten Berichterstattung nahm das britische Boulevardblatt „The Mirror“ den Ball auf und warnte vor dem Hype, der seinen Anfang in Schottland gefunden haben soll: Ein Schüler sei nach der exzessiven Einnahme von Paracetamol ins Krankenhaus eingeliefert worden. Ein anderer Artikel im Mirror zitierte eine Mutter, deren 19-jährige Tochter im Jahr 2011 an einer Paracetamol-Überdosis gestorben war. Einen Zusammenhang zur vermeintlichen Paracetamol-Challenge gab es nicht.

Die Aufmerksamkeit für das Thema war zuvor bereits so groß geworden, dass sich sogar die schottische Polizei per Twitter einmischte und vor den Gefahren einer Überdosis warnte: „Wir haben von der #paracetamolchallenge gehört. Haltet euch fern davon. Es führt zu Leber- und Nierenversagen... und zum Tod.“

Der Internetdienst snopes.com, der sich der Aufklärung von Gerüchten und Legenden verschrieben hat, meldete nun Zweifel an der Echtheit des Hypes. Es gebe keinen Beweis, dass die Challenge so tatsächlich stattfinde. Keine Suchanfrage zur Paracetamol-Challenge ergäben einen Treffer, bei dem Jugendliche bei der Einnahme des Schmerzmittels zu sehen seien. Vielmehr fänden sich tausende Tweets und Postings, die Teenagern davon abraten, an der Challenge teilzunehmen, oder Links zu Medienberichten, die von dem vermeintlichen Trend berichten.

Viel Lärm um nichts? Der so genannte Hoax, also eine viral gegangene Falschmeldung, birgt eine andere Gefahr. Das eigentliche Risiko der Challenge sei nun, dass Jugendliche auf die Idee gebracht werden könnten, das gefährliche Experiment zu wagen. Tatsächlich gebe es aber keinen Hinweis, dass die Challenge in der Realität stattfinde. Wie viele andere Internetphänomene dieser Art sei auch die Paracetamol-Challenge unpraktisch, unplausibel und von geringem Wert für junge Leute.

Phänomene dieser Art gibt es zuhauf. Nach gleicher Systematik verlief die Biernominierung Anfang 2014, bei der Facebook-Nutzer große Mengen Bier herunterstürzten und ihre Freunde in einem Video nominierten, das gleiche zu tun. Das populärste – und ungleich sinnvollere – Beispiel aus der jüngeren Vergangenheit dürfte die Ice Bucket Challenge sein, bei der sich Prominente und weniger Prominente einen Eimer mit eiskaltem Wasser über den Kopf kippten, um auf die Autoimmunkrankheit ALS aufmerksam zu machen und Spenden zu sammeln.

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