Apothekentest

„Apotheker am medialen Pranger“

, Uhr
Berlin -

Erneut wurden die Apotheken getestet. Erneut fielen sie durch. Laut

Verbraucherzentrale NRW (VZ) gaben 39 von 50 Apotheken drei Packungen

des OTC-Analgetikums Thomapyrin Intensiv (ASS/Paracetamol/Coffein) à 20

Tabletten anstandslos ab. Die VZ kritisierte: Apotheker wiesen nur

mangelhaft auf Nebenwirkungen hin, das Verkaufsinteresse stünde im

Vordergrund. Die Apothekerkammern Westfalen-Lippe und Nordrhein weisen dies zurück: Ein ganzer Berufsstand werde mit

fragwürdigen Methoden an den Pranger gestellt.

„Nur 50 Apotheken und ein einziges Testszenario sind nicht mal ein Versuch, sich der Thematik seriös zu nähern, sondern schlichtweg nur ein Mittel der Verbraucherzentrale, sich auf Kosten der Apothekerschaft zu profilieren“, so Kammerpräsidentin Gabriele Regina Overwiening.

Eigene Testkäufe ergäben zudem ein gegenteiliges Bild: „Gemeinsam mit der Kammer Nordrhein haben wir in den vergangenen zehn Jahren in Nordrhein Westfalen rund 15.000 eigene, professionelle Testkäufe durch pharmazeutisches Fachpersonal vornehmen lassen – und kommen hier zu ganz anderen Ergebnissen“, so Overwiening.

„Wir überprüfen regelmäßig und langjährig eine hohe Anzahl von Apotheken“, sagt auch Dr. Stefan Derix, Geschäftsführer der Kammer Nordrhein. „Unsere Linie ist eine strukturierte und qualifizierte. Das unterscheidet sich sehr stark von dem Vorgehen der Verbraucherzentrale“.

Den Tests der Kammern zufolge bieten zwei von drei Apotheken im Land eine sehr gute beziehungsweise gute Beratung. Natürlich gebe es wie in allen Lebensbereichen auch im Bereich der Apotheken Verbesserungspotenzial, sagt Overwiening. „Dieses schöpfen wir jedoch lieber im Rahmen von Fortbildungsmaßnahmen aus und stellen nicht gleich einen ganzen Berufsstand an den medialen Pranger.“

Spannend sei zudem, dass „mündige Bürger die Kompetenz in Apotheken anders einschätzen als die Damen und Herren der Verbraucherzentrale“: So zeige eine aktuell in der Tageszeitung „Die Welt“ veröffentlichte Studie, dass die Apotheker im deutschen Gesundheitssystem das höchste Vertrauen der Patienten genössen.

Unverständlich findet Overwiening auch die Kritik an der Preisgestaltung: „Man kann nicht einerseits eine umfassende, ausführliche Beratung fordern, und sich dann darüber aufregen, dass ein Arzneimittel nicht zum Niedrigstpreis verramscht wird.“ Denn wer sein Sortiment verramsche, müsse seinen Umsatz letztlich über die Masse generieren – „und genau das wird zu Recht kritisiert“.

Auch aus dem Verband Nordrhein kommt Kritik: „Das ist der dritte Test in kurzer Zeit. Das Ergebnis ist in der Tat nicht erfreulich, aber wir sehen eine ganze Branche diskreditiert“, sagt Verbandsvize Werner Heuking. Er räumt ein, dass sich Angestellte, die nicht beraten und nicht warnen, verbessern müssen: „Wir sind die Dolmetscher der Pharmazie. Ich hoffe, dass die Kollegen reagieren und mit den Kunden reden. Schwarze Schafe könnte ich auch nicht schützen.“ Tests sollten dazu führen, dass sich die Beratungsqualität besser werde. „Aber ich hätte gern standardisierte Tests.“

Die Tester der VZ verlangten in 50 Apotheken in zehn Städten jeweils drei Packungen Thomapyrin Intensiv à 20 Tabletten. Auf Nachfrage der Angestellten wiesen die Testkäuferinnen auf ihren regelmäßigen und hohen Konsum des Mittels gegen Kopfschmerzen hin. 39 Mitarbeiter verkauften alle drei Packungen anstandslos, 11 davon sogar ohne jedes Kommentar. Sieben Apotheken verkauften lediglich eine Packung und begründeten dies mit pharmazeutische Bedenken. Vier Apotheken gaben nur zwei Packungen ab – drei davon hatten allerdings auch nicht mehr vorrätig. Im vierten Fall riet die Angestellte der Kundin, erst einmal zum Arzt zu gehen.

Die VZ forderte, dass Apotheken ihren Beratungspflichten laut Apothekenbetriebsordnung (ApBetrO) nachkommen. „In vier von fünf Apotheken stand das eigene Verkaufsinteresse und nicht der Schutz von Patienten im Vordergrund. Das ist ein eklatanter Verstoß gegen die Sorgfaltspflicht der Apotheker“, kritisierte VZ-Vorstand Wolfgang Schuldzinski.

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