München

Amokläufer psychiatrisch behandelt

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München -

Der Amoklauf von München ist nach Einschätzung eines Experten nicht durch eine mögliche Depressionserkrankung des 18 Jahre alten Täters ausgelöst worden. „Mit großer Sicherheit kommt eine Depression des Täters als Ursache für den Amoklauf in München nicht in Frage“, erklärte Professor Ulrich Hegerl, Vorstandsvorsitzender der Stiftung Deutsche Depressionshilfe. „Wir sehen es mit großer Sorge, wenn Depressionen mit Gewalttaten in Verbindung gebracht werden“, sagte der Experte. Das sei vom Krankheitsbild her nicht gerechtfertigt.

Nach seinen Angaben leiden in Deutschland etwa vier Millionen Menschen an „behandlungsbedürftigen Depressionen“. Es gebe keine Hinweise, dass diese Menschen häufiger Gewalttaten als andere begehen würden. „Eher sogar im Gegenteil: Depressiv erkrankte Menschen sind im gesunden Zustand meist besonders verantwortungsvolle, fürsorgliche Menschen“, sagte Hegerl weiter.

In der depressiven Krankheitsphase neigten sie zu übertriebenen Schuldgefühlen, dies sei ein zentrales Diagnosemerkmal. „Sie geben immer sich selbst die Schuld, nicht anderen und würden deshalb nie auf den Gedanken kommen, fremde Menschen in einem Amoklauf zu töten.“

Der 18-Jährige litt nach Angaben der Ermittler unter psychischen Problemen: In der Wohnung wurden ärztliche Behandlungsunterlagen gefunden, die auf Depressionen und auf eine Angststörung hindeuteten, wie Oberstaatsanwalt Thomas Steinkraus-Koch sagte. Er sprach von „sozialen Phobien“ und Angstzuständen – unter anderem dann, „wenn er mit anderen Personen in Kontakt kommt“.

Der junge Mann war deshalb bereits seit längerem in Behandlung – stationär und ambulant. Unter anderem sei er von Juli bis September 2015 in einer Münchner Klinik kinder- und jugendpsychiatrisch behandelt worden, so die Ermittler. Einen letzten „ärztlichen Kontakt“ habe es noch im Juni 2016 gegeben – und damit wenige Wochen vor der Tat vom vergangenen Freitagabend. Die Ermittler haben mit behandelnden Ärzten bereits Kontakt aufgenommen.

Der Amokläufer wurde deshalb auch mit Medikamenten behandelt: In der Wohnung habe man Psychopharmaka gefunden, die dem 18-Jährigen zugeordnet gewesen seien, sagte Oberstaatsanwalt Steinkraus-Koch.

Unklar ist, ob der 18-Jährige die ärztlich verordneten Medikamente weiter eingenommen hat. Entsprechende toxikologische Untersuchungen würden mehrere Wochen in Anspruch nehmen, teilten die Ermittler mit.

Bundesinnenminister Thomas de Maizière (CDU) berichtete, möglicherweise sei der junge Deutsch-Iraner gemobbt worden. Details hierzu konnten die Ermittler allerdings bisher nicht nennen. Ob das Mobbing als Motiv für die Tat in Frage kommt, konnten sie nicht sagen. Unter den Todesopfern waren aber keine Mitschüler.

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