Rezeptbetrug

Keine Hafterleichterung für Apotheker

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Berlin -

Ein verurteilter Apotheker darf nicht mit einem vorzeitigen Ende seiner Haftstrafe rechnen: Das Kammergericht Berlin hat seinen Antrag auf Straferlass abgelehnt. Aus Sicht der Richter sprechen die Vielzahl von Taten, ein langer Tatzeitraum und ein hoher Schaden gegen eine Ausnahme.

Der Apotheker war im Mai 2011 zu sechs Jahren und neun Monaten Haft verurteilt worden. Der damals 66-jährige Inhaber einer Apotheke am Kurfürstendamm hatte zwischen 2007 und 2009 Rezepte über Zytostatika abgerechnet, ohne die Medikamente abgegeben zu haben.

Der Mann führte dem Gericht zufolge seit 1980 eine Apotheke, mit der er sich später auf den Vertrieb von HIV-Medikamenten spezialisierte. 2003 habe er begonnen, Kunden einen Teil des Rezeptwertes – zunächst 5 Prozent, später 2 bis 3 Prozent – in bar zu erstatten.

Von 2007 bis 2009 kaufte der Apotheker demnach seinen Kunden Rezepte für 150 bis 500 Euro ab und reichte sie bei den Kassen ein, ohne die Medikamente zu bestellen und abzugeben. Dadurch verursachte der Mann laut Gericht einen Schaden von 10,8 Millionen Euro. Im Laufe der Zeit setzten Kunden und Dritte den Apotheker unter Druck und drohten ihm mit Anzeigen. An diese Personen zahlte er jährlich rund 250.000 Euro.

Ein Sprecher des Landgerichts, das den Apotheker verurteilt hatte, erklärte damals: „Der Beschuldigte ist dann in einen Teufelskreis geraten: Er musste immer weiter machen.“ Vor Gericht hatte der Apotheker ein Geständnis abgelegt. Das wurde ihm strafmildernd angerechnet, ebenso sein Alter. Ihm hatten bis zu neun Jahre Haft gedroht.

Das Kammergericht wollte dem Apotheker nun aber nicht weiter entgegen kommen: Zwar sei der Verurteilte Erstbestrafter, zu seinen Lasten spreche aber ganz erheblich, dass er über einen langen Zeitraum hinweg mehr als 100 Rezepte monatlich angekauft und die Krankenkassen in hohem Maße geschädigt habe. „Hinzu kommt, dass er dadurch auch die Gesundheit der Menschen, die ihre Medikamente gegen die HIV-Erkrankung nicht einnahmen, gefährdete“, so die Richter.

In Fällen wie diesem würde eine Strafaussetzung aus Sicht der Richter in besonderem Maße auf das Unverständnis der Bevölkerung stoßen und deren Rechtstreue beeinträchtigen. Der Mann habe sich zudem über Jahre hinweg unter Missbrauch seiner Vertrauensstellung als Apotheker immer stärker in sein kriminelles Tun verstrickt.

Außerdem sei dem Apotheker nicht gelungen, sich auch nur ansatzweise mit den Ursachen seiner Straffälligkeit auseinanderzusetzen. Nach wie vor meine er, keine Möglichkeit gehabt zu haben, um „aus der Sache herauszukommen“, da im Falle einer Selbstanzeige seine Eigentumswohnung, die Apotheke und diverse Sportwagen „weg gewesen wären“. Dabei verkenne er seine Anteile an den Taten völlig.

Für ebenso wenig überzeugend halten die Richter den Hinweis, der Apotheker habe die Taten aus persönlicher Not heraus begangen. Zwar habe er das erste Rezept angekauft, um einer Kundin scheinbar zu helfen. Diese einmalige Unterstützung hätte er jedoch auch gewähren können, ohne sich in die Kriminalität zu begeben.

Die Ausführungen der Justizvollzugsanstalt, wonach es sich bei der Straftat „um ein lebensphasisches Ereignis ohne kriminogene Persönlichkeitsanteile“ gehandelt habe, hält das Kammergericht für nicht nachvollziehbar. Denn der Apotheker habe nicht nur eine Straftat begangen, sondern sei wegen 27 Betrugstaten verurteilt worden. Auch das Alter des Apothekers rechtfertige keine andere Beurteilung. Muss der Apotheker tatsächlich die ganze Strafe absitzen, bleibt er noch bis Mitte August 2015 in Haft.

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