ApoRetro

Spiel auf Sieg

, Uhr
Berlin -

Rückschläge, Zukunftshoffnungen, Gefahren und Verbote: Die Apotheker gaben sich in dieser Woche kämpferisch. Nach dem Motto „Die Schlacht ist verloren, aber nicht der Krieg!“ ging es rund bei den Kassenabschlägen, Retaxationen, Reimporten, Zytorezepturen und in Fußgängerzonen.

Beim Deutschen Apothekertag (DAT) in München geht es ums Geld. Mit einem Fünf-Punkte-Programm will der Geschäftsführende Vorstand das Projekt Honorierung angehen. Hessen will die 3-Prozent-Marge erhöhen und Berlin fordert eine Entschädigung für nicht lieferbare Rabattarzneimittel.

Schutz vor Kassen erhoffen sich die Pharmazeuten bei den Nullretaxationen: Gleich mehrere Anträge dazu wird es zu besprechen geben. Der Apothekerverband Rheinland-Pfalz fordert sogar Entschädigungen für den Zinsverlust und den personellen und materiellen Mehraufwand durch ungerechtfertigte Retaxationen.

Und die ABDA will den Gesetzgeber dazu bewegen, das Sozialgesetzbuch (SGB V) um einen Anti-Nullretax-Paragrafen zu ergänzen. Denn korrekte Belieferung muss korrekt bezahlt werden.

Die Barmer GEK hat übrigens weiteren 800 Apotheken die Rechnung gekürzt, weil sie unwirtschaftliche Importe abgegeben hatten. Die Reimporte waren nach dem Listenpreis günstiger als das Original. In Bezug auf den Nettopreis verhielt sich das etwas anders. Bereits im Vorjahr hatte die Kasse aus diesem Grund 3000 Apotheken retaxiert.

Nicht lieferbar, Fälschungsverdacht, einfach ungeliebt: Die Apotheker wollen die gesetzliche Grundlage für die Importquote abschaffen. Das Bundesgesundheitsministerium (BMG) hält das für übertrieben: Zwar könnten auch über den Parallelimport gefälschte Arzneimittel in die legale Vertriebskette gelangen, aber immerhin hätten Parallelhändler eine Sorgfaltspflicht. Kein Grund zur Beunruhigung also.

Etwas beunruhigt zeigte sich CC Pharma trotzdem und rief neben den aktuell betroffenen Chargen jetzt auch alle übrigen, die aus Italien stammen, zurück. Denn weitere Chargen seien von den Diebstählen betroffen.

Beim Kassenabschlag wurden die Apotheker in dieser Woche vom Geist der Vergangenheit eingeholt. Der brachte ihnen einen Rückschlag: Das Sozialgericht Aachen verwehrte den Anspruch auf eine Rückerstattung des kompletten Zwangsrabatts – auch wenn die Kassen im Streit die Frist nicht eingehalten hatten.

Beendet ist der Streit noch nicht. Vor dem Bundessozialgericht soll weiter gekämpft werden, denn die Gegenwart ist nur Durchgangsstation. Hilfe bekommen die Apotheker vom Steuerberater Dr. Bernhard Bellinger: „Eine Revision kann die Urteilsbegründung wohl kaum überleben.“ 516 Klagen gegen Krankenkassen hat er für seine Mandanten eingereicht.

Einen gemeinsamen Nenner fanden DAV und GKV-Spitzenverband dagegen bei der Hilfstaxe und änderten die Preisberechnung für Zytostatika: Die Rabatte, die Apotheken auf generische Wirkstoffe geben müssen, steigen auf 30 Prozent. Im Gegenzug werden der Abschlag für nicht austauschbare Präparate gestrichen und der Arbeitspreis erhöht. Auf diese Weise hoffen die Apotheker Zyto-Ausschreibungen zu entkommen.

Dass Exklusivverträge in diesem Bereich schwierig sind, muss auch die AOK Hessen erkennen. Trotz Retax-Keule läuft die Umsetzung schlecht. Jetzt laufen die ersten Vertragspartner der Kasse davon: Zwei Apotheker haben ihre Exklusivverträge gekündigt – weil die Onkologen nicht mitspielen.

Exklusiv soll auch die Fußgängerzone in Bonn bleiben, darum will die Stadt durchsetzen, dass Großhändler nach 12 Uhr keine Apotheken mehr beliefern. Diese ständigen Anlieferungen seien doch nun wirklich nicht nötig. Die Apotheken müssten nicht zwangsläufig nachmittags beliefert werden, findet die Stadtverwaltung. In dringenden Fällen solle der Patient eben in andere Apotheken außerhalb der Innenstadt gehen.

Dass der Versorgungsauftrag ignoriert und stattdessen auf Apotheken in Randlagen verwiesen wird, verstehen die Apotheker nicht. „Als mein Großvater die Apotheke führte, war hier noch nicht einmal Fußgängerzone“, sagt eine Apothekerin. Die Stadt rudert zurück: Oberbürgermeister Jürgen Nimptsch (SPD) will die Beteiligten an einen Tisch bringen .

Einen ebenso heiteren Streich spielt die Stadt Trier derzeit der Löwen-Apotheke. Die älteste Apotheken in Deutschland soll das Apotheken-A an der Hauswand entfernen. Die Werbung der Geschäfte am Hauptmarkt war den Beamten insgesamt zu viel geworden, das sieht ja auch nicht aus. Inzwischen liegt der Fall vor Gericht.

Solche Streitereien können von vorn herein vermieden werden, wenn einer der Streithähne ungleich stärker ist als der andere: Mit der einseitigen Anpassung der Festbeträge Anfang Juli haben die Kassen mehrere Altoriginale erledigt. Olmesartan wurde regelrecht „zur Schlachtbank geführt“.

Ebenso einseitig wurde neuer Verwaltungsaufwand für die Apotheker geschaffen: Rezepte für Medizinprodukte müssen neuerdings die E-Mail-Adresse des verschreibenden Arztes enthalten. Das verlangt die neue Verordnung über die Abgabe von Medizinprodukten (MPAV). Ist sie nicht drauf, muss beim Arzt nachgefragt werden.

Auch beim Teilen von Tabletten muss nachgefragt werden: Denn was der Hersteller mit der Bruchkerbe bezweckt, ist nicht immer klar, weil entsprechende Informationen in der Fachinformation fehlen. Viele Tabletten werden deshalb geteilt, die gar nicht geteilt werden dürften. Bei CMR-Substanzen gibt es sogar eine toxikologische Gefährdung.

Auch nicht ungefährlich waren in dieser Woche Passionsblumenpräparate. Deshalb riefen mehrere Hersteller ganze Chargen zurück. Grund sind erhöhte Aflatoxin-Belastungen in Präparaten von Pascoe, Quiris, Sidroga, Niehaus, Abtei, Apomedica, Merck und Stada. Die hatten Extrakte bezogen, deren Ausgangsware offenbar Fruchtbestandteile enthielt. Zukünftig will der Extrakthersteller Finzelberg an jeder Teedrogencharge Untersuchungen auf Aflatoxine durchführen.

Allen Problemen zum Trotz: Den Traum einer eigenen Apotheke hat sich in dieser Woche Omega erfüllt: Der OTC-Hersteller hat die Warman-Freed-Apotheke im Londoner Stadtteil Golders Green übernommen. Dort will das Unternehmen herausfinden, wie Kunden und öffentliche Apotheken ticken. Viel Erfolg!

Newsletter
Das Wichtigste des Tages direkt in Ihr Postfach. Kostenlos!

Hinweis zum Newsletter & Datenschutz

APOTHEKE ADHOC Debatte