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ZuZa von KraKa

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Berlin -

Die Kassen brauchen eine neue Zitrone: Generika sind allesamt unter Rabattvertrag, die Festbeträge im Keller und zuzahlen müssen die Patienten fast immer. Angesichts der in dieser Woche präsentierten ZuZa-Zahlen wird so mancher Kassenvertreter davon träumen, das Sparinstrument umzukehren: Künftig übernimmt der Patient die Arzneimittelkosten und die Kasse leistet 10 Prozent Zuzahlung – maximal aber zehn Euro und nur bei Eigenverantwortung-befreiten Versicherten. Eine Vision, und das ohne FDP.

Der CDU-Abgeordnete Michael Hennrich bezeichnet es als einen der größten Fehler der vergangenen Legislaturperiode, dass die Praxisgebühr abgeschafft wurde. Das wollte der kleine gelbe Koalitionspartner zwischen den beiden Großen Koalitionen unbedingt. Die Union pocht dagegen auf Selbstbeteiligung und so brach Hennrich unter der Woche für die Zuzahlung eine Lanze. Es sei nie das Ziel gewesen, alle Arzneimittel zuzahlungsfrei zu bekommen. Das Instrument der Festbeträge habe sich bewährt.

Das sieht auch GKV-Vize Johann-Magnus von Stackelberg so, was nicht weiter wundert, denn die Festbeträge werden in seinem Haus abgesenkt. Die Zuzahlungen der Patienten behalte man bei den Festbetragsabsenkungen aber im Blick. Das darf man ihm glauben, so wie man einen schmelzenden Schneemann im Blick behalten kann.

Keine 3500 Arzneimittel sind mehr zuzahlungsbefreit, 2 Milliarden Euro haben die Patienten den Kassen zusätzlich zum Standard- und Zusatzbeitrag zugesteckt. Und der Gipfel: Während die Kassen bei den Herstellern Rabatte von 80+x Prozent aushandeln, werden die Versicherten trotzdem zur Kasse gebeten: Weil der in der Software gemeldete Preis nicht dem rabattierten entspricht, können Zuzahlungen fällig werden – die Kasse kassiert also doppelt.

Noch ein bisschen mehr heraus holen Kassen wie die IKK Classic. Die behält sogar bei Null-Retaxationen die Zuzahlung ein. Die Apotheken hingegen sind mehrheitlich der Meinung, dass wenigstens die fünf Euro in der Apotheke bleiben könnten – oder wenigstens zurück zum Patienten sollten. Die Sozialgerichte bewiesen in dieser Frage bislang wie gewohnt wenig Augenmaß.

Sprechen wir offen über Augenmaß. Die richtige Kondomgröße ist eine Komfort- und Sicherheitsfrage gleichermaßen. Der Hersteller R&S Consumer Goods will seine Kondommarke „My.Size“ in Apotheken verkaufen, in sieben verschiedenen Größen. Demnächst gibt es für die Apothekenschaufenster eine „‚Stehlampe‘ im besonderen Sinn“ und „endlich die passende Tüte“.

Wie jetzt zu der Eisbanane überleiten? Mit dieser Werbeaktion hat der Hersteller Hennig zumindest eines erreicht: Aufmerksamkeit. Die mit Warzenmittel vereiste Banane konnte zwar noch gegessen werden, vereinzelt fanden Apotheker die Verwendung aber dennoch geschmacklos. Hennig entschuldigte sich, die Bananen wurden aufgegessen, Tiere kamen nicht zu Schaden.

Und nochmal Lebensmittel: Die Gummibärchen-Kontrolleure vom Fachdienst Veterinärwesen und Verbraucherschutz checken auch die Apotheken in Niedersachsen. Neu ist, dass die Apotheker für die routinemäßige Überprüfung ihres Traubenzuckers auch noch bezahlen müssen. Nicht zu ändern, aus der Praxis hört man, dass die Lebensmittelkontrollen aber nicht so wild sind.

Kleinere Brötchen backt die Apobank: Mehr als 4 Prozent Dividende gibt es auch in diesem Jahr nicht. Aber immerhin. Apotheken dürfen gar keine Brötchen backen (nicht apothekenüblich), sie dürfen noch nicht einmal Brötchen-Gutscheine verschenken. Jedenfalls nicht, wenn „Ofenkrusti“ oder „Wasserweck“ beim Einlösen eines Rezeptes versprochen werden. Das OLG Frankfurt findet die bisherige Rechtsprechung zu Rx-Boni immer noch überzeugend. Anders als die Kollegen in Düsseldorf, die lieber den Europäischen Gerichtshof (EuGH) anriefen. Ein anderes Bonus-Verfahren wurde deshalb ausgesetzt.

Die Aut-idem-Liste war nie das Lieblingsprojekt der Apotheker. Doch seitdem die ersten Wirkstoffe von der Substitution ausgeschlossen sind, ist der Begriff geradezu zum Reizwort geworden. Selbst die bemühteste Apotheke kann kein Aut-idem-Listen-L-Thyrox abgeben, das noch nicht einmal hergestellt oder schon wieder zurückgerufen wurde. Deshalb heißt es beim Deutschen Apothekerverband jetzt: „Kehrt marsch!“

DAV-Chef Fritz Becker will die Aufnahme weiterer Wirkstoffe auf die Liste möglichst verhindern. Dabei helfen soll ihm ausgerechnet Herr von Stackelberg. Der ist einverstanden, fügte aber schnell hinzu: „Es geht immer um die Sache, nicht um Freundschaften persönlicher Art.“

Dasselbe gilt wohl für M&A. Nicht umgesetzt – jedenfalls nicht in Gänze – wird der Teva-Mylan-Perrigo-Deal. Perrigo will sich nämlich nicht von Mylan schlucken lassen, weshalb Omega-Produkte wie Granu Fink, Abtei, Clabin und Azaron nicht Teil des Teva-Sortiments werden. Aber die Messe ist noch nicht gelesen: Die Offerte für den OTC-Hersteller Perrigo wurde nachgebessert.

Hersteller Boehringer Ingelheim leidet ebenfalls. Nicht an einer Erkältung, sondern an deren kollektivem Ausbleiben. Prophylaktisch bewegt sich der Konzern in neues Terrain. Nach verpatztem Start von BoxaGrippal kommt das Produkt jetzt als Saft. Als Angriff auf Wick MediNait, oder besser als Revanchefoul, hatte doch Procter & Gamble mit WickGrippal ebenfalls „gewildert“.

Weniger mit der Sichtwahl und mehr mit dem Smartphone sollten sich Apotheker aus Sicht von Martin Dess beschäftigen. Der Chef der Agentur „Jäger von Röckersbühl“ macht sich Sorgen, dass die Apotheker den Aufbruch in die digitale Ära verschlafen. Ohne visionäre Ideen könnten Internetkonzerne wie Google Teile des Marktes übernehmen, glaubt er.

Etwas zu spät kommt auch die nächste Stufe von ARMIN (ABDA/KBV-Modell). Die Ärztesoftware war noch nicht so weit – ein ganz neues Phänomen. Das Medikationsmanagement soll aber noch irgendwann in diesem Jahr kommen.

Spätestens am Montag soll flächendeckend das Notfallkontrazeptivum PiDaNa (Levonorgestrel) in den Apotheken liegen – als OTC. Die alten Rx-Packungen werden zurückgerufen und vernichtet. An den Tabletten in den Blistern hat sich zwar mit dem Switch nichts geändert, doch das Qualitätssystem des Herstellers will es so. Weniger streng war auch in dieser Woche wieder Ebay. Auf dem Marktplatz im Netz gab es diesmal Cabergolin. Und raten Sie Mal: sogar zuzahlungsfrei!

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