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Hüffenhardt: Jetzt wird geimpft

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Berlin -

Die Lagerung von Arzneimitteln hat DocMorris angezeigt. Dazu braucht es keine Genehmigung, schließlich lagert jeder in seiner Hausapotheke auch Arzneimittel. Natürlich kann der Automat viel mehr. Nach Informationen von HÜFFENHARDT ADHOC kann das System auch als vollautomatische Impfstation genutzt werden, als Online-vor-Ort-Reisebüro oder Autogastankstelle.

Professor Dr. Gunter Dueck hatte eigentlich nur einen Spaß machen wollen, als er bei VISION.A von seinem Impfautomaten gesprochen hatte. Aber manchmal sind Witze von „Wild Duck“ eben nicht so leicht zu erkennen. Die Idee überlebte jedenfalls und wird in Hüffenhardt Realität.

Der Arzneimittelabgabeautomat, pardon das Arzneimittelausgabeterminal, kann modular um weitere Funktionen erweitert werden. Dazu zählt der Impfschutzcheck: Der Patient kann seinen Impfpass scannen und am Display sein nächstes Reiseziel eingeben. Der Automat schlägt dann die notwendigen Impfstoffe vor, der Patient kann aber noch einzelne Komponenten abwählen. Wer den Sechsfachimpfstoff wählt, bekommt eine Grippeimpfung gratis.

Geimpft wird „sofort vor Ort“. Der Kunde steckt dazu einfach seinen Arm in den umfunktionierten Pfandflaschenrückgabeschacht. Eine freundliche Frauenstimme warnt mit Aachener Zungenschlag, dass zunächst die Desinfektion aufgesprüht wird. Dann bittet sie den Patienten, stillzuhalten und nicht zu weinen. „Es ist nur ein kleiner Pieks.“ Wer tapfer bleibt, für den fällt ein Himbeerlutscher in den Ausgabeschacht.

Das Modell sei rechtlich geprüft, versichern die Macher, die Impfstoffe seien dauerhaft gekühlt und ein Arzt habe sich den Automaten auch schon einmal angesehen. In anderen Ausbaustufen kann das Terminal auch den Blutdruck oder Blutzucker messen sowie einfache Maniküre vornehmen. Der Ausgabeautomat müsse auch nicht ausschließlich mit Arzneimitteln befüllt werden, heißt es. „Was spricht dagegen, Brötchen oder Erfrischungsgetränke auszugeben?“, so ein Sprecher. Der Automat soll mittelfristig zum Nahversorgungszentrum ausgebaut werden.

Beziehungsweise langfristig, denn in Wirklichkeit bleiben die Türen jetzt erst einmal geschlossen: Die Beamten vom Regierungspräsidium Karlsruhe machten ihren Freitagsausflug nach Hüffenhardt und sperrten das Terminalhaus noch in der Willkommens-Management-Phase. Jetzt muss DocMorris vermutlich gegen den Bescheid klagen und das passt der Versandapotheke überhaupt nicht ins Konzept. Solche Gerichtsverfahren bringen nur Öffentlichkeit, dabei möchte man doch einfach nur die Landbevölkerung mit Arzneimitteln, Schnittblumen und Frostschutzmittel versorgen. Die notwendige Technik liefert übrigens dieser Automaten-Tausendsassa.

Die Deutsche Presseagentur (dpa) hat die Rollen in diesem Stück jedenfalls schon klar verteilt: „Die Apotheker-Lobby jubelt. Doch der Versandhändler ist bekannt dafür, nicht aufzugeben.“ Das Jubeln der Lobby in Gestalt der Landesapothekerkammer klingt so: „Das war für uns ganz klar rechtswidrig.“ Das Nichtaufgeben von DocMorris-Chef Olaf Heinrich so: „Wir glauben weiterhin, dass man in Deutschland digitale Projekte zum Wohle aller umsetzen kann.“

Die Ersatzkassen glauben allerdings auch, dass sie ihre exklusiven Zytoverträge noch durchsetzen können, obwohl der Gesetzgeber genau diese verbietet. Und da kann das Bundesgesundheitsministerium (BMG) hundertmal sagen, die Exklusivität der Verträge falle mit Inkrafttreten des AM-VSG. Barmer, TK und KKH werden trotzdem auch in der Übergangszeit retaxieren. Schlimm genug für die Kassen, dass sie seit dem Retax-Deal Duplikate akzeptieren müssen.

Apropos Retax-Deal: Darin hatten sich der GKV-Spitzenverband und der Deutsche Apothekerverband (DAV) auch darauf verständigt, dass Import und Original zwar unterschiedlich aussehen, aber austauschbar sind. Und dass der Doktor so viele Kreuze setzen kann wie er will und der Rabattvertrag trotzdem sticht. Interessierte aber das Sozialgericht Bremen nicht. Der Apotheker durfte nicht aufs Originalpräparat wechseln – allenfalls ein anderer Import wäre in Ordnung gewesen. Berufung kassenseitig ist wahrscheinlich. Und das Bundessozialgericht (BSG) bekommt vielleicht noch einen Zyto-Retaxfall. Ausgang un-ungewiss.

Und es kommt noch schlimmer: Die „Bild“-Zeitung ist auf der Jagd: Ein Rentner muss in der Apotheke bluten. Also nicht richtig, sondern finanziell. Ging um die Aufzahlung, weil der ältere Herr auf sein Altoriginal bestand. Nicht so dramatisch eigentlich. Jedenfalls nicht so dramatisch wie die Notdienstapothekerin, die sich bei einem Brand buchstäblich in letzter Minute retten konnte.

Wenigstens eine seiner vier Apotheken retten konnte ein Apotheker aus dem Sauerland. Eigentlich hatte die Aufsichtsbehörde an jede Tür ein Polizeisiegel kleben lassen. Aber dann schloss man vor Gericht einen etwas merkwürdig anmutenden Vergleich, der einen „Apotheker zweiter Klasse“ hervorgebracht hat.

Von den Kassen allein gelassen werden Apotheker, die für ihre Patienten eine seltene Rezeptur gegen eine drohende Erblindung herstellen. Entweder sie zahlen beim Einzelimport drauf oder müssen die Haftung für Substanzen selbst übernehmen. Lorazepam gibt es dagegen bei Ebay. Die neue Werbekampagne der ABDA richtet sich aber allgemein gegen den Versandhandel, warum auch immer.

Und zum Schluss die Personalien: Hexal hat einen neuen Chef, Weber & Weber sind Vater & Sohn und der Amazon-CEO will nicht auf Kunden warten. Und sucht DocMorris tatsächlich wieder Partner-Apotheken? Oder geht es nur um die Räumlichkeiten, um Automaten aufzustellen? Abwarten und impfen lassen. Schönes Wochenende!

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