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Grün ist die Hoffnung

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Berlin -

Auf diese Woche blicken wir durch die grüne Brille zurück. Das liegt an den vielen Reaktionen auf das Cannabis-Urteil, das Schwerkranken Home-Growing zu Therapiezwecken gestattet. Und der Rückblick geht an alle, die Trost brauchen, weil sich laut einer Studie die Beratung in der Apotheke negativ auf die Therapietreue von Patienten auswirkt. Mit der allgemeinen Empfehlung: es dieses Wochenende ganz gechillt angehen zu lassen.

Den Anfang machte das Kölner Verwaltungsgericht unter dem Vorsitzenden Richter Andreas Fleischfresser. Er befand: In Ausnahmefällen dürfen chronisch kranke Patienten zuhause die illegale Droge Cannabis züchten – zu Therapiezwecken, wenn den Kranken sonst nichts gegen ihre Schmerzen hilft. Der Eigenanbau sei eine „Notlösung“, so Fleischfresser. Die Droge muss vor dem Zugriff Dritter gesichert werden. Allerdings dürfte der Einbau solcher Sicherungsmaßnahmen die finanziellen Mittel vieler Patienten übersteigen. Das gärtnerische Geschick für den Anbau hat auch nicht jeder.

Der Präsident der Bundesapothekerkammer (BAK), Dr. Andreas Kiefer, argumentiert, dass der Vertrieb von medizinischem Cannabis grundsätzlich Apothekern vorbehalten sei sollte, da es schließlich die Funktion eines Arzneimittels habe. Das ist logisch und nachvollziehbar. Das Bild des „Eigenanbau im Wintergarten“ ist allerdings bestenfalls schief. Es handelt sich um schwerkranke Menschen, die Schmerzen haben und deren finanzielle Lage oft alles andere als rosig ist.

Andere Forderungen wurden dagegen von SPD-Seite laut: Gesundheitsexperte Professor Dr. Karl Lauterbach möchte nicht nur, dass die Kassen die Kosten für Medizinalcannabis übernehmen sollen (wie es die Barmer GEK in Einzelfällen bereits tut). Lauterbach kann sich auch Rabattverträge für Cannabis vorstellen.

Weiter zu leichteren Themen: Wer bereits ein bisschen high ist oder es werden möchte, dem seien die Riesen-Bildschirme von Carefusion/Rowa ans Herz gelegt. Der Automatenhersteller setzt gemeinsam mit View'n'Vision auf virtuelle Sichtwahl. Über die Bildschirme hinter dem HV-Tisch werden Medikamente ausgewählt, die der Kommissionierer liefert.

Digitale Geräte sind aber nicht nur optisch beeindruckend. Sie können auch (Frau Merkel weiß das aus eigener Erfahrung) wunderbar zur Überwachung und Kontrolle eingesetzt werden. Welcher Mitarbeiter dieses oder jenes Präparat abgegeben hat, wer die Nachbestellung ausgelöst oder die Stornotaste gedrückt hat – um das zu überprüfen, dafür gibt es die Mitarbeiterkennung. Softwarehäuser bieten verschiedene Modelle dafür an. Insgesamt sei das Sicherheitsbedürfnis in der Offizin größer geworden, heißt es aus der Branche. Je nach Geschmack kann das gewünschte Sicherheitsniveau gewählt werden.

Auf ein ausreichend hohes Sicherheitsniveau hat bei der ABDA diese Wochen anscheinend keiner geachtet. ABDA-Leaks: Fast sämtliche Logo-Entwürfe sind nach draußen gedrungen. Nur eins bleibt vorerst noch geheim.

Was war noch los im Apothekerhaus? Derzeit wird eine Anpassung der Arzneimittelverschreibungsverordnung (AMVV) erwogen. In Frage kommen zum Beispiel Rezepte mit Dosierangaben. Das hatte die ABDA schon 2012 gefordert. Es sei wichtig, dass Apotheker über die vom Arzt festgesetzte Dosierung im Rahmen von Arzneimittelverordnungen Bescheid wüssten, hieß es – als Beitrag zur Sicherheit der Arzneimitteltherapie.

In der Rezeptur ist dagegen immer weniger los: 2013 haben die öffentlichen Apotheken nach Zahlen des Deutschen Arzneiprüfungsinstituts (DAPI) etwa 12 Millionen Rezepturen für gesetzlich Versicherte hergestellt. 2012 waren es noch knapp 13 Millionen Anfertigungen.

Und auch vorne am HV-Tisch läuft nicht alles rund: 2009 wollte die Versandapotheke Sanicare mit einer Studie beweisen lassen, das Zuzahlungen die Adhärenz der Patienten verschlechtern. Das gelang zwar nicht – dafür brachte die Untersuchung der Bremer Wissenschaftler ans Licht, dass sich die Beratung in der Apotheke negativ auf die Therapietreue von Patienten auswirkt. Demnach stieg die Adhärenz, wenn die Apotheker die Patienten nicht über das Medikament informiert hatten.

Aber Apotheker können sich trösten: Auch Zuzahlungen haben der Studie zufolge keinen Einfluss auf die Therapietreue von Patienten. Demnach führt die Halbierung der Eigenbeteiligung nicht zu einer erhöhten Adhärenz von Patienten.

Zu guter Letzt haben wir noch zwei Zeitgenossen, die diese Woche polarisierten: Nur weil Celesio das Projekt Lloyds-Apotheken in Deutschland beendet und stattdessen der Gehe-Kooperation Gesund leben einen neuen Anstrich verpasst, sei Lloyds noch nicht gescheitert, fand Gehe-Geschäftsführer André Blümel.

Und Dr. Hans Rudolf Diefenbach, stellvertretender Vorsitzender des Hessischen Apothekerverbandes (HAV), forderte eine Neuordnung des GKV-Marktes, bei der auch Festbeträge auf den Prüfstand gehörten. Aufzahlungen seien unsozial, so Diefenbach. Damit wird er vielen Apothekern wohl aus der Seele sprechen.

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