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Himalaya und Lederhosen

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München -

Der Sturm ist vorüber. Die Delegierten, die beim Deutschen Apothekertag Antrag um Antrag beraten, abgelehnt, verabschiedet und in Ausschüsse verwiesen haben, sind wieder in ihre Länder gereist. Mit Ausnahme derjenigen vielleicht, die den München-Trip genutzt haben, um Nullretax, Importquote und Perspektivpapier beim Fassanstich auf der Wies’n für einen unapothekerlichen Moment zu vergessen. 

Die ABDA-Spitze hatte zum Auftakt nicht ihre Honorarforderungen oder das Leitbild zum Hauptthema gemacht, sondern die Abschaffung der Importquote: Noch während die Reimporteure ihre Expopharm-Stände aufbauten, wurden sie vom Führungskader aus der Jägerstraße als mutmaßliche Fälschungsdealer stigmatisiert.

Wer sich selbst Feinde macht, der muss um Sympathien werben. Für die verfasste Apothekerschaft soll daher künftig Bernhard Hoëcker den Markenbotschafter spielen. Die Apotheker finden das zumindest in einer Hinsicht gut: Es gebe ja sonst nicht viel zu lachen, so der Tenor.

Bundesgesundheitsminister Hermann Gröhe (CDU) grüßte zur Eröffnung der Hauptversammlung in München unverbindlich, aber höflich, war voll des Lobes für die Apotheker. Auch SPD-Botschafterin Sabine Dittmar will ein besseres Verhältnis zum Berufsstand – was wiederum deshalb umso schöner war, weil Jens Spahn (CDU) im Vorfeld wissen lassen hatte, dass es vor allem der Koalitionspartner sei, der überzeugt werden müsse.

So startete man mit einem guten Gefühl – zunächst in die Abstimmung des Perspektivpapiers Apotheke 2030. Die Dramaturgie sah vor, den Sack erst einmal zuzumachen – und danach die Fragen zu stellen. Das Ergebnis mit dem verheißungsvollen Titel „Apotheke 2030 – .......?“ ist also angenommen – und danach diskutiert worden. Der Heilberuf kann weiterleben.

Neben der apothekerlichen Kompetenz und Dienstleistung widmet sich das Papier auch dem pharmazeutischen Nachwuchs: Junge Leute braucht die Offizin, die die neuen Aufgaben bewältigen können! Dazu würden die Studenten selbst das Studium gerne verlängern. Nur was soll in diesem zusätzlichen Semester gelernt werden: Betriebswirtschaftliche und soziale Kompetenz oder doch eher naturwissenschaftliche und klinische Aspekte? Dazu gibt es unterschiedliche Meinungen.

Nichts verloren haben die Apotheker nach eigener Ansicht im Gemeinsamen Bundesausschuss (G-BA). Der kümmert sich zwar mittlerweile um die Aut-idem-Liste und hat aktuell Levothyroxin aufgenommen. Doch die Apotheker finden, dass eine Mitgliedschaft in dem Gremium derzeit kein Thema ist – noch nicht einmal die Frage, was das eigentlich kosten würde.

Dann diskutierten die Apotheker noch mit Spahn, der Gröhe den Posten im CDU-Präsidium streitig machen will. Der Gesundheitsexperte versprach den Apothekern zwar 120 Millionen Euro für den Nacht- und Notdienstfonds und kritisierte Nullretaxationen. Gleichzeitig dachte er ab auch laut über die freie Apothekenwahl, E-Rezepte sowie eine Abschaffung der Großhandelsrabatte nach.

Dass die Politik beim Thema Null- und Formretax aktiv werden muss, hatte zuvor DAV-Chef Fritz Becker noch einmal deutlich gemacht. Er traut der Ankündigung der AOK nicht und will daher die skurrilsten Fälle der „modernen Strandräuberei“ an das BMG schicken.

Und während die deutsche Apothekerschaft in Halle B6 um sich selbst kreiste, tickten die Uhren im Rest der Welt weiter. So gewährt DocMorris Stammkunden weiter still und heimlich Rx-Boni. Andere Apotheker wurden abgemahnt, weil Himalayasalz nicht aus dem Himalaya kommt. Apropos Anwälte: Celesio hat den bisherigen Chefjuristen zum Vorstand gemacht. Bei Sanicare ist jetzt ein zweiter Apotheker als Inhaber in der Verantwortung. Und manche Dinge ändern sich einfach nie. Bis zum nächsten Apothekertag!

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