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Aalglatt, jungfräulich, sucht

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Berlin -

Ein Liberaler liefert einen neuen Beweis für die Theorie, dass „aalglatt“ in Bewerbungen ein wichtiges Stichwort für eine steile Karriere sein kann. Französische Apotheker zeigen den deutschen Kollegen, wie man eine große Nation auf eine falsche Politik aufmerksam macht. Ein Großhändler bringt einen zutiefst vermachteten Markt in Bewegung. Und eine weitere jungfräuliche Drohne schafft es von A nach B und macht das, was sie soll: fliegen. Die Woche im Schnelldurchlauf. 

Wie man sich gegen eine unfaire und falsche Gesundheitspolitik wehrt, machen gerade die Franzosen vor. Zehntausende Apotheker und ihre Mitarbeiter machten in dieser Woche ihre Läden dicht und legten die Arzneiversorgung lahm. Das neuerliche Haushaltsdefizit könnte zur totalen Liberalisierung führen, so die Befürchtung. In anderen Ländern hat die Troika ja gezeigt, wozu sie fähig ist.

So groß sind die Probleme hierzulande nicht, mit einem zarten Hinweis auf das Fremdbesitzverbot wurde aber schon so mancher Protest zum Schweigen gebracht. Beispiel AMNOG: Das Gesetz hatte Daniel Bahr (FDP) als Staatssekretär im BMG gemeinsam mit seinem Lakritz-Spezi Philipp Rösler (FDP) durchgepaukt. Die Apotheken machten nur halbgar Druck und bliesen ihre geplanten Aktionen ab, als Bahr & Co. beleidigt reagierten. Statt vorübergehend machten Hunderte Apotheken bis heute endgültig dicht; vermutlich der gesamte Berufsstand verlor Geld. Dank Bahr und FDP. Sogar die PKV kam damals in einen unverhofften Rabatt-Genuss. Heute wissen wir warum.

Denn Bahr wird Versicherungsvertreter. Was wie ein Abstieg klingt, ist der Aufstieg der Woche. Nach einer Auszeit in den USA kam Bahr erholt zurück, um bei der Allianz Private Krankenversicherung anzuheuern. Aalglatt, fast logisch. Die verbliebenen Fans nahmen den Schreibtischwechsel hin, Rückendeckung gab es von Jens Spahn (CDU) und FDP-Parteichef Christian Lindner. In Berlin haben manche Abgeordnete ein ganz eigenes Verständnis von Wirtschaftskontakten und politischen Mandaten.

Transparenter macht es AEP. Die kleine Crew will Marktanteile im Pharmagroßhandel gewinnen und macht daraus keinen Hehl. Seit einem Jahr durchkreuzt der Markteinsteiger mit einem schlichten Konzept die Großhandelslandschaft. Man sei im Markt angekommen, heißt es zum Einjährigen. Den Wettbewerb haben die Neueinsteiger noch einmal kräftig angeworfen.

Bei der ABDA ist es ruhig, vielleicht wird mit den Kassenärzten über einen Nichtangriffspakt verhandelt. Oder man ist auf der Haussuche. Oder auf Personalsuche. Oder auf der Sinnsuche. Jedenfalls ist die Stille nicht nur trügerisch, sondern auch einschläfernd. So gehen dem Apothekerverband Hessen die Kandidaten für manche Regionen aus. Zu wenig Nachwuchs, kein Interesse der Kollegen an der Verbands- und Kammerarbeit.

In Schleswig-Holstein gibt man sich innovativer. Die Apothekerkammer will nicht nur sich, sondern auch ihren Mitgliedern Gutes tun. Flexibler soll die Planung beim Nacht- und Notdienst werden. Eine von wenigen Kammern, die sich damit aktiv ihren Pflichtmitgliedern nähert. Vielleicht fördert dies das Interesse an der Arbeit in Kammern und Verbänden.

Reichlich desinteressiert an den Apotheken wirkt hingegen immer noch Bundesgesundheitsminister Hermann Gröhe (CDU). Bei einer Veranstaltung zum Gutachten des Sachverständigenrats kündigte er vollmundig Boni für Landärzte an, das Wort Apotheke kam ihm nicht über die Lippen. Was angesichts der Forderungen der Experten allerdings auch ein gutes Zeichen sein kann.

Dagegen scheint das Thema Fälschungen im Ministerium angekommen zu sein. Das BMG sucht den Schulterschluss mit der EU, um den Parallelhandel in den Griff zu bekommen. Und damit die Fälschungen. Weil Arzneimittel in Brüssel wieder als Industrie- statt als Gesundheitsthema betrachtet werden, müssen die Reimporteure wohl doch bangen. Zumindest vom MVDA gibt es Rückendeckung: Reimporte machen wirtschaftliche auch für die Apotheken Sinn, und ohne Quote müssten sie noch viel häufiger abgegeben werden, warnt die Kooperation und wirbt für ihren Industriepartner Kohlpharma.

Keine Fälschungen liefert GlaxoSmithKline, allerdings auch keine Originalware. Der Weltkonzern entschuldigt sich für massive Lieferengpässe auch bei Schnelldrehern wie dem Aknemittel Duac. Pfizer entschuldigt sich nicht, sondern bringt sein BoxaGrippal-Generikum zum Tiefstpreis auf den Markt. Damit geraten auch die Apotheken in eine bedenkliche Preisspirale.

Auf maue Verträge und Konditionen ist der Deutsche Apothekerverband (DAV) nicht erst seit jüngster Zeit schlecht zu sprechen. Man hat sich Zeit gelassen, aber jetzt reichte es wohl: Die meisten Apotheken sollen nunmehr keine Hilfsmittel zur Atemtherapie an DAK-Versicherte abgeben. Die Kasse hatte die Apotheken auf ganzer Linie faktisch kalt gestellt. Jetzt kam die Retourkutsche – und das Verhandeln beginnt von vorn.

Immer wieder mischen sich die Wettbewerbshüter des Bundeskartellamts auch in den Apothekenmarkt ein. Jetzt hat die Behörde den Apothekerverband Westfalen-Lippe (AVWL) in die Schranken gewiesen: Auf Druck der Wettbewerbshüter wurde eine Klausel des Arzneiliefervertrags zu Blutzuckerteststreifen ausgesetzt. Vereinbart hatten Kassen und Verband, dass die Kassen keine anderen Anbieter bewerben dürften. Das schmeckte den Kartellwächtern nicht. Viele kleine Monopole sieht man in Bonn offenbar als noch größere Gefahr als ein großes.

Derweil erblickt hierzulande täglich ein neues Drohnenbaby das Licht der Welt. So vermeldete ApoAir einen erfolgreichen Jungfernflug von A nach B. Das klingt zwar alles und immer wieder nach den längst verblichenen Zeiten der New Economy und der geplatzten DotCom-Blase. Und doch machen sich sogar Bundestagsabgeordnete auf, um den Jungfernflug einer zukünftigen Arzneimitteldrohne live mitzuerleben.

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