Aachen

Apotheken verteilen Jodtabletten

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Berlin -

Der belgische Pannenmeiler Tihange sorgt für Unruhe in der Region um Aachen. Zur Vorsorge gegen einen möglichen Ernstfall lässt das Land Nordrhein-Westfalen ab dem 1. September Jodtabletten verteilen. 273 Apotheken und der private Pharmagroßhändler Otto Geilenkirchen machen mit.

In Tihange kam es in den vergangenen Jahren wiederholt zu Störfällen, zeitweise wurden einzelne Blöcke vom Netz genommen. Die Nachbarstaaten und -regionen haben die belgische Regierung mehrfach dazu aufgefordert, das Atomkraftwerk vom Netz zu nehmen. Derzeit sind mehrere zivilrechtliche Klagen auf Stilllegung anhängig, denen unter anderem die Landesregierungen in Nordrhein-Westfalen und Rheinland-Pfalz beigetreten sind.

„Der Pannenreaktor macht auch mir große Angst“, bekundet Gabriele Neumann, die Besitzerin der Karls-Apotheke in Aachen. Das AKW liegt nur 57 Kilometer entfernt. „Der Meiler hat immer wieder Risse, man weiß nie, ob da nicht mal was passiert. Deswegen beteilige ich mich selbstverständlich an der Verteilaktion.“ Alle Bürger aus der Region bis 45 Jahre sollten sich eindecken, empfiehlt Neumann. Lange sei die Aktion schon in Vorbereitung gewesen. „Jetzt haben wir es geschafft, alle im Boot zu haben.“

In 273 Apotheken in der Region sind die Jodtabletten zur Vorsorge für den Ernstfall erhältlich. „Auf den entsprechenden Internetseiten kann jeder Haushaltsvorstand einen Bezugsschein ausfüllen, eine Software errechnet dann den genauen persönlichen Bedarf“, erläutert Neumann. „Mit dem ausgedruckten Bezugsschein kann er sich seine Ration in der Apotheke abholen und erhält dazu einen Beipackzettel.“ Die vorerst einmalige Aktion läuft bis zum 15. November in Aachen und den Kreisen Düren, Euskirchen und Heinsberg.

Die Belieferung mit der Erstausstattung hat Geilenkirchen übernommen. Schon zuvor hatte sich der Privatgroßhändler an Protestaktionen gegen Tihange beteiligt. Die Feuerwehr Aachen hat bereits zwei LKW-Ladungen mit Jodtabletten des Herstellers G.L. Pharma und den dazu gehörigen Informationsflyern angeliefert. Der Großhändler übernimmt die Lagerung, Kommissionierung und Auslieferung von Nachbestellungen. Auch Apotheken, die keine Kunden von Geilenkirchen sind, werden beliefert.

„Als Pharmagroßhandel tragen wir tagtäglich gemeinsam mit den Apotheken zur umfassenden Arzneimittelversorgung der Bevölkerung bei“, sagt Firmenchef Lutz Geilenkirchen. „Daher ist es für mich selbstverständlich, dass wir uns bei dieser Aktion engagieren, auch wenn wir in dem Fall nichts verkaufen, sondern nur die landeseigene Ware im Auftrag verteilen.“

Die Dosierung der Jodtabletten richtet sich nach dem Lebensalter. Ab 45 Jahren wird die Einnahme nicht mehr empfohlen, da mit zunehmendem Alter häufiger Stoffwechselstörungen in der Schilddrüse auftreten. Eine solche sogenannte funktionelle Autonomie erhöht das Risiko der Nebenwirkungen einer Jodblockade. Mit steigendem Lebensalter nimmt zudem das Risiko einer durch Strahlung verursachten malignen Schilddrüsenkarzinoms stark ab. Für Schwangere gilt diese Altersbegrenzung nicht.

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