Herstellbetriebe

Zytoservice sucht neuen Investor

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Berlin -

Drei bis vier Millionen Sterilrezepturen werden jedes Jahr in Deutschland hergestellt. Jede fünfte Anfertigung kommt Experten zufolge nicht mehr aus den Reinräumen einer Apotheke, sondern aus einem Herstellbetrieb – die Hälfte davon wiederum von Zytoservice Deutschland aus Hamburg. Jetzt sucht der bundesweite Marktführer einen neuen Investor.

 

Seit Ende 2007 ist neben den drei Firmengründern Enno Scheel, Thomas D. Boner und Thomas Hintz der Berliner Finanzinvestor Capiton als Eigentümer an Bord. Ein Beteiligungsfonds des Private-Equity-Unternehmens hält derzeit 40 Prozent der Anteile – 40 Millionen Euro soll Capiton nach Gerüchten aus der Branche für den Einstieg bezahlt haben.

Nach gut fünf Jahren will der Investor nun wieder aussteigen – und Kasse machen: Angeblich wird als Kaufpreis ein dreistelliger Millionen-Betrag aufgerufen. Ob diese Summe alleine für das Anteilspaket realistisch ist, wird sich zeigen: Der Umsatz von Zytoservice wird auf 80 bis 90 Millionen Euro, der Ertrag auf 15 bis 20 Millionen Euro geschätzt. Rund 130 Mitarbeiter arbeiten heute für das Unternehmen, darunter zwei Dutzend Apotheker.

Als Interessenten kommen neben Finanzinvestoren – auch beim Mitbewerber GHD ist ein Kapitalgeber an Bord – vor allem Unternehmen aus der Branche in Frage. Der Markt konsolidiert sich, auch wegen der Ausschreibungen der Krankenkassen. GHD kaufte vor einem Jahr Oncosachs, Fresenius übernahm zuletzt den Aschaffenburger Herstellbetrieb Henke Pharma.

 

 

Spannend wird auch, ob ein neuer Investor sich mit dem Minderheitsanteil zufrieden geben wird. Capiton hat immerhin vorgesorgt und sich vertraglich das Recht gesichert, bei einem Verkauf die Mehrheitsgesellschafter zum Ausstieg zwingen zu können – solange die Konditionen dieselben sind.

Andererseits wird ein neuer Eigentümer kaum auf die Expertise der Altgesellschafter als Unternehmenslenker verzichten können. Die drei Apotheker sind gut vernetzt – Scheel ist Präsident des Bundesverbands Rezeptur Herstellerbetriebe (BRH) – und haben ein versiertes Team um sich geschart: Vertriebschef Dr. Ralf Reichelt und Dr. Guido Tuschen, verantwortlich für neue Versorgungsformen, kommen beide vom Spezialgroßhändler Megapharm, der heute zu Alliance Boots gehört.

Die Zytoservice-Manager sind auch andernorts aktiv: Die Apotheker betreiben den Großhändler THP Medical sowie die Unternehmensberatung IfPM (Institut für Pharmakoökonomisches Management). Boner und Hintz sind mit Vivatis als Pharma-Dienstleister aktiv. Reichelt ist Geschäftsführer der onkologischen Laborgemeinschaft Lance. Tuschen ist Aufsichtsrat bei der Unternehmensberatung Onkotrakt, die dem Hamburger Medizinrechtler Christian Schuler von der Kanzlei Roggelin & Partner gehört. Für die Firma ist außerdem Zytoservice-Finanzchef Dr. Mirco Schaecke tätig.

 

 

Entsprechend breit ist das Leistungsportfolio des Unternehmens: Zytoservice stellt nicht nur Sterilrezepturen und Ernährungslösungen für Abnehmer in ganz Deutschland her, sondern kümmert sich auch um logistische Fragen von Studienzentren, begleitet klinische Studien und wertet die anfallenden Daten aus. Nicht nur Herstellbetrieb, sondern „onkologischer Systemdienstleister“ will man in Hamburg sein – und gibt sich selbstbewusst: „Wir zeichnen uns nicht nur dadurch aus, dass wir 'steril' produzieren. Die Herstellungsqualität ist eine Selbstverständlichkeit für uns“, sagt Scheel. „Wir wollen Antworten auf die Fragen der Zukunft der onkologischen Versorgung finden.“

Auch wenn man bei Zytoservice keine Zweifel hat, dass die Reise in der onkologischen Versorgung hin zu größeren Strukturen gehen wird, will man zumindest einige Apotheken mitnehmen. Hauptabnehmer von Zytoservice sind heute nach wie vor die Apotheken der drei Firmengründer, die im September 2010 unter dem Namen Antares-Apotheken in eine gemeinsame OHG eingebracht wurden.

Parallel stellt Zytoservice für andere Apotheken und Kliniken her. Unter dem Motto „Family & friends“ soll die Zusammenarbeit mit Partnern ausgebaut werden. Zwar wurde die Kooperation mit einem DocMorris-Apotheker aus dem baden-württembergischen Rottweil aufgegeben, dafür gibt es seit einem Jahr einen Ableger in Berlin. Die Partnerapotheken in der Hauptstadt haben bei der letzten AOK-Ausschreibung gewonnen. Mit einem Dutzend weiterer Apotheker wird derzeit verhandelt.

 

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