Voltaren-Generika

Keine Ärztemuster für Apotheker

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Berlin -

Voltaren gehört zu den bekanntesten Marken in der Apotheke. Entsprechend schwer ist es für die Konkurrenz, in diesem Segment Marktanteile zu gewinnen. Novartis dominiert das Geschäft – 43 Prozent des Marktes entfallen auf das Original und die im vergangenen Jahr eingeführte Forte-Variante. Der Generikahersteller Ratiopharm wollte sein neues Diclofenac-Gel bei Apothekern bekannter machen. Doch die Abgabe von Mustertuben war dem Platzhirsch nicht entgangen – die Aktion wurde gerichtlich untersagt.

Ratiopharm hatte sein neues Schmerzgel ebenfalls im vergangenen Jahr eingeführt. Das Vorgängerprodukt war nach Angaben des Herstellers wegen seines Geruchs und der Verteilbarkeit von Apotheken bemängelt worden. Deshalb sollte der Außendienst das neue Gel im Sommer 2013 direkt vorstellen. Weil die Apotheker die Tube mit der Aufschrift „zu Demonstrationszwecken“ behalten durften, mahnte Novartis den Konkurrenten ab.

Das Oberlandesgericht Hamburg (OLG) sah in der Aktion einen Verstoß gegen das Arzneimittelgesetz (AMG) und das Gesetz gegen unlauteren Wettbewerb (UWG) und bestätigte eine vom Landgericht Hamburg verhängte einstweilige Verfügung. „Arzneimittelmuster sind in Deutschland seit jeher ausschließlich für den Arzt bestimmte Fertigarzneimittel“, heiß es in der jetzt vorliegenden Begründung des Urteils vom 24. September.

Ratiopharm hatte vor Gericht vorgebracht, der Außendienst habe das neue Gel in den Apotheken nur vorstellen sollen, da es sich erheblich von dem Vorgängerprodukt unterscheide. Das Apothekenteam sollte Gelegenheit „zum Riechen und Einreiben“ bekommen. Eine Weitergabe der nach der Demonstration angebrochenen Packungen an Verbraucher sei nicht zu befürchten. Wegen der geringen Stückzahl könne zudem von einer systematischen Verteilungsaktion nicht die Rede sein. Angebrochene Packungen hätten keinen Wert und seien auch nicht verkehrsfähig.

Die Richter überzeugte das nicht. In mindestens drei Fällen in Hessen und Bayern war die Abgabe belegt, mindestens einmal wurde die Tube sogar ungeöffnet übergeben. Dies spreche gegen die Annahme eines „Ausreißers“. Ob die Tube geöffnet oder geschlossen zurückgelassen wurde, spielte für die Richter keine Rolle: Auch ein bereits angebrochenes Schmerzgel könne benutzt werden, um Kunden das Produkt vorzuführen und so den Verkauf zu fördern.

Nach dem Heilmittelwerbegesetz (HWG) seien nur Werbegaben von geringem Wert zulässig. Damit solle der abstrakten Gefahr einer unsachlichen Beeinflussung begegnet werden, so die Richter. Das Schmerzgel mit einem Verkaufspreis laut Lauer-Taxe von 9,97 Euro sei eine Zuwendung von nicht geringem Wert.

Das OLG bezog sich auch auf den Kodex der Freiwilligen Selbstkontrolle für die Arzneimittelindustrie (FSA). Danach liegt die Wertgrenze für Zuwendungen an die Ärzteschaft bei 5 Euro. Dies lasse eine in der Branche übliche tatsächliche Handhabung erkennen, so die Richter.

Bereits im November 2013 hatte das Landgericht Hamburg die Aktion per einstweiliger Verfügung untersagt. Ratiopharm scheiterte vor dem OLG mit seiner Berufung gegen diese Entscheidung. Der Generikahersteller kann jetzt noch ins Hauptsacheverfahren gehen.

Der Markt war im vergangenen Jahr in Bewegung geraten: Ratiopharm hatte seinen Launch mit einer groß angelegten Werbekampagne begleitet und von Juni bis Dezember 6,9 Millionen Euro auf Basis der Apothekenverkaufspreise (AVP) umgesetzt. Novartis erlöste ab August rund 23 Millionen Euro; die Kannibalisierung war gering, hätte laut Firmenchef Frank Hauerken aber noch geringer sein können.

Auch andere Hersteller kamen um Produkterweiterungen und Marketing nicht herum: Merck führte im Juni 2013 eine geruchsneutrale Variante von Kytta ein, deren Erlöse bis Dezember bei 1,7 Millionen Euro lagen. Pfizer führte zusätzlich zu seinen Wärmepflastern eine Thermacare-Salbe ein, Hermes hat unter der Marke Doc mittlerweile auch ein Wärmepflaster auf dem Markt.

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