Versandapotheken

Kammergericht verbietet „Phantasiepreise“

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Berlin -

Versandapotheken sind in der Werbung auf große Prozentzeichen angewiesen – ohne Preisvergleiche funktioniert das Arzneimittelgeschäft im Netz nicht. Wie schwer ein wettbewerbsrechtlich sauberer OTC-Rabatt zu erreichen ist, musste die Versandapotheke Aponeo vor dem Kammergericht Berlin erfahren. Nach dem aktuellen Urteil startet der Versender einen neuen Versuch, den Apothekenverkaufspreis (AVP) als Grundlage für die Werbung zu benutzen.

Die Wettbewerbszentrale geht gegen mehrere Apotheken vor, die ihre Angebote mit dem AVP bewerben. Die Verwechslungsgefahr zur unverbindlichen Preisempfehlung (UVP) des Herstellers sei zu groß, so das Argument. Zudem sei der in der Lauer-Taxe hinterlegte AVP für den Kunden nicht von Bedeutung. Die Gerichte folgen überwiegend dieser Auffassung.

Auch das Kammergericht Berlin hat Aponeo die Werbung in der bisherigen Form untersagt. Allerdings wurde das Urteil der ersten Instanz abgeschwächt. Ein generelles Verbot der AVP-Werbung haben die Richter nicht ausgesprochen, auf die konkrete Darstellung komme es an, heißt es sinngemäß in der jetzt vorliegenden Begründung des Urteils vom 17. Januar.

Dabei hatte die zu Aponeo gehörende Versandapotheke Allgäu sich schon viel Mühe gegeben, den AVP genau zu erklären: In Fußnoten wurde ausführlich das Zusammenwirken von IfA, ABDATA und Apotheken-Software erläutert. Es folgte sogar der Hinweis, dass der AVP den Krankenkassen in Rechnung gestellt wird, wenn diese ausnahmsweise OTC-Arzneimittel erstatten.

Die Richter hatten allerdings schon Zweifel, dass ein Kunde auf der Suche nach Erkältungsmitteln überhaupt alle Fußnoten liest. Doch selbst in diesem unwahrscheinlichen Fall entstehe bei Aponeo der falsche Eindruck, der Hersteller selbst verwende den Preis als Empfehlung. Tatsächlich sei der AVP ausschließlich für die Abrechnung mit den Kassen relevant, die zudem bei der Erstattung noch die Großhandels- und Apothekenhonorare aufschlagen müssten.

Laut Aponeo ist der AVP sogar zuweilen niedriger als die Preisempfehlung. „Auf der Grundlage dieses Vortrags sind die beworbenen Ersparnismöglichkeiten reine Phantasieprodukte der Beklagten“, konterte das Gericht.

Aponeo hatte noch vorgebracht, dass die meisten Apotheken tatsächlich genau den AVP verlangen würden, weil die EDV diesen als Verkaufspreis vorschlage. Doch diese Behauptung war aus Sicht der Richter nicht ausreichend belegt und überdies irrelevant, da es sich trotzdem nicht um eine unverbindliche Preisempfehlung handele. Hinter einer echten UVP erwarten Kunden laut dem Urteil eine ernsthafte Kalkulation des Herstellers.

Aponeo hat schon reagiert und bewirbt die Rabatte mit einem neuen Text. In der Erklärung heißt es jetzt: „Der AVP ist keine unverbindliche Preisempfehlung der Hersteller.“ Im Gegensatz zum AVP sei die gebräuchliche UVP eine Empfehlung der Hersteller, heißt es weiter. Ob die Versandapotheke damit eine sichere Lösung gefunden hat, bleibt abzuwarten.

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