Schweiz

Apotheker sollen impfen

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Berlin -

Im Schweizer Kanton Zürich sollen Apotheker künftig ohne eine ärztliche Verschreibung Patienten impfen. Das sieht ein Entwurf der Zürcher Gesundheitsdirektion unter Thomas Heiniger (FDP) vor. Die Gesundheitsdirektion beantragt dies im Regierungsrat, schreibt die Neue Zürcher Zeitung. Da weder Parteien noch die kantonale Ärztegesellschaft (AGZ) dagegen seien, werde mit einer Zustimmung des Regierungsrats gerechnet. Andere Kantone prüften derzeit ähnliche Schritte. Noch vor den Sommerferien will die Regierung den entsprechenden Beschluss fassen. 

Die Gesundheitsdirektion erwartet durch die niederschwelligen Angebote eine Steigerung der Durchimpfungsrate in der Bevölkerung. Insbesondere junge, gesunde Menschen, aber auch die zahlreichen Pendlerinnen und Pendler wüssten solche „spontanen, unkomplizierten Möglichkeiten zu schätzen“, zitiert die Neue Zürcher Zeitung (NZZ).

Beschränkt werde die Erlaubnis auf langjährig erprobte Totimpfstoffe. Lebendimpfstoffe, etwa gegen Masern, blieben ausgenommen. Demnach sollen Apotheker ab Herbst Impfungen gegen Grippe, Meningokokken sowie Hepatitis A und B durchführen dürfen.

Lediglich die erste Dosis der Hepatitis-Impfung müsse ein Arzt übernehmen, da für die Reiseimpfung eine reisemedizinische Beratung notwendig sei, die die Bedingungen im Reiseland berücksichtige, berichtet die Zeitung „Der Bund“.

Außerdem dürften Apotheker nur Personen ab einem Alter von 16 Jahren impfen, da die Patienten urteilsfähig sein müssten. Die Bewilligung von der Gesundheitsdirektion erhalten den Berichten zufolge nur Apotheker, die sich fachlich aus- und weitergebildet haben. Demnach müssen sie eine zweieinhalbtägige Weiterbildung absolvieren und regelmäßig Auffrischungskurse besuchen. Laut der NZZ verfügen schon heute 50 Apotheker im Kanton über die nötige Weiterbildung.

Lorenz Schmid, Präsident des kantonalen Apothekerverbands und CVP-Kantonsrat, begrüßte die Regelung: Sich in der Apotheke ohne Voranmeldung impfen zu lassen, entspreche einem Bedürfnis. „Der Mangel an Hausärzten fordert von der Politik Antworten, der Kanton Zürich übernimmt hier eine Pionierrolle“, sagte er der Zeitung. Es sei eine sinnvolle Lösung, „ein niederschwelliges Angebot, das auch die Impfrate in der Bevölkerung erhöhen dürfte.“ Schmid rechne damit, dass etwa die Hälfte der Zürcher Apotheker eine Bewilligung fürs Impfen beantragen werde.

Die Regelung ist Teil eines Kompromisses, denn seit 2012 dürfen Ärzte in Winterthur und Zürich selbst dispensieren. Den Apotheken machten die Einnahmenverluste zu schaffen. Die Einnahmen durch die Impfungen würden diese Ausfälle kaum ausgeglichen, sagte Schmid laut NZZ. Es sei aber gut für das Image der Apotheker, es werde die Verbindung zu den Kunden stärken. Schmid begrüße die „Aufweichung der Fronten“.

Von den Ärzten ist laut NZZ nur vereinzelt kritisiert worden, dass durch die Erweiterung der apothekerlichen Kompetenzen die Attraktivität des Hausarztberufs sinkt. Die Ärztegesellschaft unterstützte das Vorhaben grundsätzlich. Man habe eine liberale Lösung bei der Medikamentenabgabe gefunden, nun müsse man diese auch beim Impfen anstreben, so der AGZ-Präsident und CVP-Kantonsrat Josef Widler. Die Vorgaben für die Apotheker seien streng und würden damit die Sicherheit für die Patienten garantieren.

Erst kürzlich haben die Apotheker mehr Kompetenzen erhalten: „Mit der einstimmigen Annahme des Medizinalberufegesetzes (MedBG) legt das Parlament den Grundstein für eine effizientere Arbeitsteilung in der medizinischen Grundversorgung“, schreibt der Apothekerverband Pharmasuisse.

Die größten Veränderungen für die Apotheker sind die Weiterbildungspflicht für die selbstständige Berufsausübung und die neuen Inhalte im Pharmaziestudium. Absolventen in Pharmazie sollen auch Kenntnisse über Impfungen sowie Grundkenntnisse über Diagnose und Behandlung häufiger Gesundheitsstörungen und Krankheiten haben.

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