Neuseeland

Kontrazeptiva: Apotheke statt Arzt

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Berlin -

In Neuseeland könnten demnächst Apotheker mit entsprechender Qualifikation und nach einem Beratungsgespräch orale Kontrazeptiva auch ohne Rezept abgeben dürfen. Der zuständige Sachverständigenausschuss empfiehlt, einige Verhütungsmittel neu zu klassifizieren. Voraussetzung ist, dass ein Arzt der Patientin das Präparat innerhalb der letzten drei Jahre verschrieben hat.

Der neuseeländische Apothekerverband begrüßt die Empfehlung des Ausschusses, dem je zwei Vertreter des Ministeriums, der Ärzte und der Apotheker angehören. Sollte bis zum 9. Februar kein Interessenverband Einwände vorbringen, wird die Neuklassifizierung umgesetzt. Die Apotheker sind zuversichtlich, die neuen Kompetenzen übertragen zu bekommen.

Die Änderung werde den Zugang zu oralen Verhütungsmitteln für Frauen erleichtern, so der Verband. Insbesondere an Wochenenden und Feiertagen, an denen Arztpraxen geschlossen seien, könnten Patientinnen die Öffnungszeiten von Apotheken nutzen.

Das Verhütungsmittel muss der Frau in den zurückliegenden drei Jahren von einem Arzt verordnet worden sein. Bevor den Frauen das Präparat abgegeben wird, müssen die Apotheker zudem mit ihnen ein Beratungsgespräch führen. Wenn gesundheitliche Risiken festgestellt werden, soll der Apotheker die Kundin an einen Arzt verweisen. Viele Apotheken seien bereits mit einer privaten Beratungszone ausgestattet und daher für diese Gespräche gut vorbereitet, heißt es vom Apothekerverband.

Um die Kundinnen adäquat beraten zu können, sollen die Apotheker eine Weiterbildung absolvieren. Noch sei allerdings unklar, welche Inhalte behandelt werden sollten und ab wann die Seminare angeboten werden könnten, so der Verband.

Neuseeland gilt nach zahlreichen OTC-Switches in den vergangenen Jahren als eines der liberalsten Ländern in Sachen Selbstmedikation. 2001 wurde die „Pille danach“, 2004 Fluconazol und Orlistat aus der Rezeptpflicht entlassen. 2005 folgte das hierzulande unbekannte Glucocorticoid Aclometason. 2006 kam mit Sumatriptan das erste Migränemittel in die Sichtwahl – und zur Überraschung der meisten Beobachter wurde sogar Tamiflu (Oseltamivir) unter strengen Auflagen aus der Rezeptpflicht entlassen.

Es folgten Calcipotriol (2010), Trimethoprim (2012) und Sildenafil (2014) sowie die Impfungen gegen Cholera/ETEC (2011), Influenza (2012) sowie Meningokokken, Tetanus/Diphtherie/Keuchhusten und Windpocken (2013). Die Apothekerkammer hat die Entwicklung aktiv begleitet – und sich so erfolgreich gegen die Abwanderung von OTC-Medikamenten in den Mass Market gestellt.

Vorbild für die Umklassifizierung der Kontrazeptiva war unter anderem einige Staaten der USA und Großbritannien. Dort dürfen Apotheker und Krankenpfleger unter bestimmten Umständen orale Verhütungsmittel verschreiben. Allerdings müssen sie den Hausarzt der Patientin darüber in Kenntnis setzen. Das ist auch in Neuseeland geplant, damit die Patientenakte lückenlos bleibt.

Rund 950 Apotheken versorgen die 4,5 Millionen Einwohner Neuseelands. Zu 51 Prozent müssen Apotheken einem Apotheker gehören. Mehrbesitz von bis zu fünf Apotheken ist möglich; in den meisten Fällen arbeiten die Inhaber aber in ihrer Apotheke.

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