Rezeptpflicht

Bloggerin: „Apotheker, verbarrikadiert euch nicht“

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Berlin -

Béa Beste hat auf ihrem Blog Tollabea einen Artikel über ein negatives Apothekenerlebnis veröffentlicht. Sie hatte dringend ein Kontrazeptivum benötigt, das Rezept dafür hatte sie jedoch noch nicht. Von den Apotheken fühlte sie sich im Stich gelassen. Ihre Kritik stieß auf große Resonanz. Doch auf die Kundenwünsche gingen die Apotheker nicht ein, moniert Beste. Stattdessen hätten sie sich auf das Gesetz zurückgezogen.

ADHOC: Haben Sie mit so viel Resonanz auf Ihren Blogpost gerechnet?
BESTE: Nein, auf keinen Fall. Das ist ein privater Blog, auf dem ich einfach meine Meinung äußere. Ich hätte aber erwartet, dass mehr Verbraucher meinen Artikel kommentieren. Stattdessen haben mir zu 90 Prozent Apotheker geschrieben. Sie haben mich über die Gesetzeslage aufgeklärt, weshalb ich im Artikel inzwischen auf den entsprechenden Gesetzestext verlinke. Aber einige haben auch geschrieben: „Auf so eine Kundin wie dich kann ich verzichten.“ Diese Reaktion fand ich schade.

ADHOC: Verstehen Sie das Verhalten der Apotheker?
BESTE: Ich kann nachvollziehen, wenn sie mir sagen: „Für deine Schusseligkeit setze ich meine Approbation nicht aufs Spiel.“ Ja, es war mein Fehler, dass ich mir das Rezept zu spät besorgt habe. Aber ich hätte mir mehr Lösungsvorschläge von den Apothekern gewünscht, um mir zu helfen. Doch sie hatten vor allem ihre Sicherheit im Blick, nicht den Kundenservice. Die Apotheker sollten sich nicht hinter den Gesetzen verbarrikadieren.

ADHOC: Was wollten Sie mit dem Blogartikel erreichen?
BESTE: Ich wollte die Apotheker zum Nachdenken bringen. Ich bin selbst Unternehmerin. Daher weiß ich, wie wichtig Kundenzufriedenheit ist. Die Apotheker wollte ich dazu anregen, zu überlegen, wie sie Menschen in diesen Situationen besser helfen könnten. Leider hat sich die Diskussion eher auf Gesetzesreiterei beschränkt. Ich bin zwar keine Juristin, habe aus dem Gesetz aber herausgelesen, dass die Apotheker bei der Medikamentenabgabe ohne Rezept durchaus einen Ermessensspielraum haben.

ADHOC: Was sollten sie aus diesem Spielraum machen?
BESTE: Das sollten die Apotheker diskutieren. Der Gesundheitsaspekt sollte im Vordergrund stehen. Denn ich etwa nehme meine Pille nicht nur als Verhütungsmittel; eine ununterbrochene Einnahme ist sehr wichtig. Aber erst in der dritten Apotheke wurde ich danach überhaupt gefragt. Vielleicht sollte sich auch die Berufszunft für mehr Entscheidungsfreiheit einsetzen. Es sollte nicht nur darum gehen, sich an Gesetze zu halten, sondern sie wenn nötig auch zu verändern. Mit ihrem Fachwissen sollten die Apotheker mehr Mitspracherecht im Gesundheitssystem einfordern.

ADHOC: Hat sich Ihr Blick auf Apotheken nach dieser Erfahrung gewandelt?
BESTE: Ja. Die Apotheke war für mich immer die erste Anlaufstelle bei Gesundheitsfragen. Und ich habe meine Stammapotheke wirklich als „meine Apotheke“ betrachtet. Wegen der menschlichen Nähe hatte ich erwartet, dass mir mit der Pille sofort geholfen wird. Bei einer Online-Apotheke würde ich davon nie ausgehen, das ist eine anonyme Maschine. In Notsituationen zähle ich auf meine Apotheke vor Ort – doch in dieser Situation wurde ich enttäuscht.

ADHOC: Was hätten Sie sich stattdessen gewünscht?
BESTE: Wenn es für die Apotheker einen größeren Aufwand bedeutet, mir innerhalb seines Ermessensspielraums zu helfen, dann hätten sie mir das auch kommunizieren können. Etwa so: „Ich helfe Ihnen gerne, aber das kostet dann etwas.“ Das ist Servicementalität. Oder wenn die Apotheke nun in meinem Fall weiß, dass ich mein Pillenrezept manchmal vergesse, könnte sie mir beispielsweise einen Monat vor Ende der Packung eine Erinnerungsmail schicken. Mit diesem Service könnten sie mich als Kundin binden.

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