Kassenabschlag 2009

Eine Rechnung ist keine Rechnung

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Berlin -

Im Streit um eine mögliche Rückerstattung des kompletten Kassenabschlags für das Jahr 2009 dreht sich alles um die Frage, wann die zehntägige Zahlungsfrist für die Kassen ausgelöst wurde. Die Apotheker argumentieren, sie hätten die Rechnung über die fehlenden 55 Cent je Packung im Mai 2010 gestellt und die Kassen hätten nicht pünktlich gezahlt. Das Sozialgericht Aachen sieht es anders: Wie aus der jetzt vorliegenden Urteilsbegründung hervorgeht, hätte aus Sicht der Richter gar keine zweite Rechnung gestellt werden müssen, weil schon die erste gültig war.

Das Sozialgericht Aachen hatte in der vergangenen Woche in acht Fällen die Klagen von insgesamt vier Apothekern abgelehnt. Die Richter argumentierten, dass das Datum der ursprünglichen Monatsrechnungen entscheidend sei – unabhängig vom Abschlag, der einem Skonto gleichkomme. Schließlich sei auf den Rechnungen neben dem Saldo auch der Bruttobetrag aufgelistet gewesen. Insofern sei eine erneute Rechnungsstellung „unschädlich, aber nicht erforderlich gewesen“.

Dass die Rechnungen nur unvollständig bezahlt worden seien, habe nach der Entscheidung der Schiedsstelle und dem Beschluss des Landessozialgerichts Berlin-Brandenburg im Mai 2010 endgültig festgestanden. Logische Konsequenz ist aus Sicht der Richter, dass die Kassen seinerzeit die Rechnungen nicht vollständig innerhalb der 10-Tages-Frist beglichen hatten. „Dann aber wäre die weitere Folge gewesen, dass der Apothekenabschlag von den Apothekern überhaupt nicht – weder in Höhe von 2,30 Euro noch in Höhe von 1,75 Euro – hätte gewährt werden müssen“, heißt es in dem Urteil.

Allerdings: Ein solches Ergebnis würde die Schiedsstellenentscheidung den Richtern zufolge ins Leere laufen lassen und sei weder vom Gesetz, noch von Apothekern und Krankenkassen gewollt. Nach ergebnislosen Verhandlungen zum Kassenabschlag habe der Deutsche Apothekerverband (DAV) erst im Juli – als bereits mehr als die Hälfte des Abrechnungsjahres verstrichen sei – eine Schiedsstellenentscheidung beantragt. Der Schiedsspruch habe erst Ende Dezember vorgelegen und sei selbst zu diesem Zeitpunkt weder rechtskräftig noch sofort vollziehbar gewesen.

Daraus werde deutlich, dass es sich bei den Forderungsaufstellungen der Rechenzentren aus dem Mai 2010 nicht um eine Vergütungsabrechnung „gehandelt haben kann und auch nicht gehandelt hat“, so die Richter. Die Forderung könne gerade nicht als erneut auslösende Rechnung angesehen werden.

Der Argumentation der Apotheker, sie hätten den Kassen nach der Schiedsstellenentscheidung eine ordnungsgemäße Rechnung über 0,55 Euro pro Packung geschuldet, weil sie bislang nur eine um 2,30 Euro pro Packung geminderte Vergütung gefordert hatten, folgte das Gericht nicht.

Nach dieser Logik hätten die Apotheker den Kassen nämlich auch eine Schlussrechnung mit einem Abschlag von 1,75 Euro pro Packung stellen müssen. Eine solche Rechnung über den gesamten verbliebenen Kassenabschlag gebe es aber nicht. Damit wäre die Klage allein schon wegen fehlender Rechnung unbegründet.

Nachdem sich der DAV und der GKV-Spitzenverband 2009 nicht auf einen Kassenabschlag einigen konnten, legte die Schiedsstelle den Abschlag im Dezember 2009 auf 1,75 Euro fest.

Im Mai 2010 ordnete das Landessozialgericht Berlin-Brandenburg den sofortigen Vollzug an. Die Rechenzentren forderten unmittelbar die Differenz von 55 Cent zurück – doch nicht alle Kassen zahlten innerhalb der 10-Tages-Frist.

Im Dezember des vergangenen Jahres reichten Hunderte Apotheker Klage ein. Sie versuchen, auf diese Weise den gesamten Abschlag zurückzuholen. Der Fall geht jetzt vor das Bundessozialgericht.

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