Einzelimport

Retaxation trotz Retax-Deal

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Berlin -

Ein Apotheker aus Baden-Württemberg konnte seinen Augen nicht trauen: Er erhielt eine Retaxation von der Techniker Krankenkasse wegen eines importierten Arzneimittels über etwa 250 Euro. Grund dafür sei das Fehlen der Angabe des Apothekeneinkaufspreises (AEP) auf der Verschreibung. Der Retax-Deal aus dem vergangenen Jahr schließt derartige Retaxationen eigentlich aus.

Bei der Verordnung vom vergangenen Juni handelt es sich um einen Einzelimport des Arzneimittels Mexitil (Wirkstoff: Mexiletin) gemäß § 73 Arzneimittelgesetz (AMG). Die Krankenkasse hatte zuvor den Einzelimport für den Patienten bis 2018 genehmigt. Mexiletin ist ein Antiarrhythmikum der Klasse Ib und wurde unter dem Namen Mexitil von Boehringer Ingelheim vertrieben. In Deutschland ist das Arzneimittel nicht mehr verkehrsfähig, in Japan aber erhältlich – von dort hatte es der Apotheker auch bezogen.

Ein patientenindividueller Arzneimittelimport ist durch die Apotheke möglich, wenn Fertigarzneimittel mit demselben Wirkstoff in Deutschland nicht zugelassen, in anderen Ländern jedoch verfügbar sind. Für mögliche Schäden kann der Apotheker haftbar gemacht werden, da die Gefährdungshaftung des pharmazeutischen Unternehmens bei Einzelimporten nicht gilt. Detaillierte Rahmenbedingungen sind im AMG geregelt.

Nach der Arzneimittelpreisverordnung (AMPreisV) setzt sich bei verschreibungspflichtigen Arzneimitteln der AEP aus dem Abgabepreis des pharmazeutischen Unternehmers, dem Großhandelsaufschlag sowie der Mehrwertsteuer zusammen. Bei Einzelimporten muss der Apotheker seinen EK als Grundlage nehmen. In der Vergangenheit wurden Apotheker retaxiert, wenn der Preis bei einem Einzelimport nicht angegeben wurde.

Im Rahmenvertrag der Arzneimittelversorgung ist unter anderem die Neuregelung zu Retaxationen verankert. Der Retax-Schiedsspruch, ein Deal zwischen dem GKV-Spitzenverband und dem Deutschen Apothekerverband (DAV), sichert nun den Apothekern zu, in derartigen Situationen keine Retaxation zu befürchten. Demnach dürfen Apotheken nicht retaxiert werden, wenn diese einen Einzelimport ohne Angabe des AEP abgeben. Ein Zahlungsanspruch der Apotheke besteht weiterhin. Daher empfiehlt sich, in einem solchen Fall Einspruch bei der Krankenkasse einzulegen.

Um die Qualität der Arzneimittelversorgung weiterhin aufrecht zu erhalten, legte die Schiedsstelle im vergangenen Mai fest, dass Apotheken auf Grund formaler Fehler weiterhin Leistungsanspruch haben. Ausgenommen hiervon sind Fehler, die die Arzneimittelsicherheit und Wirtschaftlichkeit der Versorgung betreffen.

Laut Rahmenvertrag hat der Apotheker Anspruch auf eine Zahlung, wenn „die Apotheke ein auf der Grundlage von § 73 Abs. 3 AMG importiertes Arzneimittel ohne Angabe des Apothekeneinkaufspreises (AEP) abgibt.“ Die Regelungen des aktualisierten Rahmenvertrages gelten rückwirkend ab dem 23. Juli 2015. Der Apotheker hat deshalb Einspruch eingelegt und gute Aussichten auf Erfolg.

Im AMG ist festgehalten, unter welchen Bedingungen ein Fertigarzneimittel einzeln importiert werden darf. Zunächst gilt es zu überprüfen, ob der ärztlich verordnete Einzelimport den Anforderungen des AMG genügt. Falls dies nicht der Fall ist, empfiehlt sich die Rücksprache mit dem Arzt. Das Importarzneimittel darf ansonsten nicht zu Lasten der Krankenkasse abgegeben werden. Auch eine Abrechnung als Privatrezept ist nicht möglich.

Verschreibungspflichtige Einzelimporte erfordern in der Regel eine vorherige Genehmigung bei der Krankenkasse. Daher sollte dieser Schritt vor der Einfuhr des Fertigarzneimittels geschehen.

Zudem ist eine Dokumentation der Einfuhr nach § 18 der ApBetrO zwingend erforderlich. Informationen über das eingeführte Arzneimittel sind festzuhalten. Die Rezepte müssen dann auch entsprechend bedruckt werden. Einzelimporte erhalten als Aufdruck die Sonder-PZN 09999117 bei verschreibungspflichtigen und 09999206 bei nicht-verschreibungspflichtigen Importen.

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