Apothekenrecht

Apotheke darf in Klinik werben

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Berlin -

Wer seine Apotheke nicht direkt in einem Ärztehaus hat, muss die Patienten in seine Offizin lotsen. Typisch sind Hinweisschilder, in näherer Umgebung auch Gehwegaufsteller. Das ist alles erlaubt, solange die Werbung nicht bereits in der Arztpraxis beginnt. Doch gilt dasselbe für Krankenhäuser? Im Siegerland wird über einen Aufsteller im Foyer einer Klinik gestritten.

Auf den Fluren des Kreisklinikums steht ein Aufsteller der Apotheke mit der Aufschrift: „Rezepte hier einlösen“. Die Apotheke wirbt außerdem mit ihrer hohen Lieferfähigkeit und der Erstattung von Parkplatzgebühren.

Wegen dieser Werbung hatte sich eine Kollegin bei der Apothekerkammer Westfalen-Lippe (AKWL) beschwert. Der Aufsteller sei eine unzulässige Zusammenarbeit zwischen Klinik und Apotheke und verstoße gegen das Zuweisungsverbot gemäß Apothekengesetz (ApoG). Kritisiert wurde zudem, dass die Klinik auf ihrer eigenen Homepage auf die Apotheke hinweist.

Die Kammer hat den Fall geprüft, mit dem Aufsteller aber keine Probleme: „Das Aufstellen eines Werbeaufstellers im Foyer des Kreisklinikums sehen wir nach umfassender Prüfung als zulässig an. Grundsätzlich ist es Apotheken möglich, auch außerhalb ihrer Geschäftsräume zu werben“, heißt es in einer Stellungnahme aus Münster.

Die Grenze für eine zulässige Werbung sei §11 ApoG, das Absprachen zwischen Arzt und Apotheker verbiete, also die Zuweisung von Patienten. Beispiele hierfür seien das sogenannte „Wartezimmer-TV“ oder die Werbung auf Terminkarten beim Arzt. Der Werbeaufsteller in der Klinik überschreite die Grenze des Zulässigen aber noch nicht, so die Kammer.

Der Sachverhalt gestaltet sich aus Sicht der AKWL in einer Klinik anders als in einer Arztpraxis: „Eine Arztpraxis ist ein beschränkter Raum, zu welchem nicht jeder Zutritt hat.“ Insbesondere im Wartezimmer sei Werbung für eine Apotheke immer als Verstoß gegen §11 ApoG.

Anders in der Klinik: „Befindet sich eine Apotheke in den Räumen des Krankenhauses, handelt es sich bei den Fluren, über welche man zur Apotheke gelangt, quasi um öffentlichen Verkehrsraum“, so die Kammer. Die Situation sei „eher zu vergleichen mit einem Einkaufszentrum, in dem sich mehrere Einzelhandelsgeschäfte befinden“. Auch dort könne eine Apotheke für sich werben. „Nicht anderes kann in einem öffentlichen Krankenhaus gelten“, heißt es weiter.

Die Kammer hat es sich mit ihrer Entscheidung nicht leicht gemacht: „Uns ist bewusst, dass das Verhältnis zwischen einer Apotheke und einem Krankenhaus gegebenenfalls sensibler sein mag.“ Man könne einer Apotheke aber nicht verbieten, auf öffentlich zugänglichen Verkehrsflächen auf ihren Standort hinzuweisen. „Insofern gilt nichts anderes als für den sich häufig ebenfalls in einem größeren Krankenhaus befindlichen Friseur oder Bäcker, welche auf seine Leistungen hinweisen darf“, so die Kammer.

Mit der Antwort ist man in der konkurrierenden Apotheke nicht zufrieden: „Die Apotheke befindet sich in einem vollkommen anderen Gebäude“, sagte der Mann der Inhaberin, der sich um die Angelegenheit gekümmert hat. Er kritisiert, dass die Kammer eine Auseinandersetzung scheut.

Doch auch Rechtsanwältin Christiane Köber, bei der Wettbewerbszentrale als Geschäftsführerin für den Bereich Gesundheit zuständig, würde in dieser Konstellation nur ungern einen Prozess führen. „Das ist ein Grenzfall, der schwierig zu bewerten ist“, sagte Köber.

Mit einem Einkaufszentrum würde Köber eine Klinik nicht gleichsetzen; den Aufsteller als Verstoß gegen §11 ApoG zu werten, sei dennoch schwierig. Auf eine verbotene Absprache würde die Wettbewerbszentrale vermutlich nicht abstellen. Möglich wäre eine Interpretation, wonach die Ärzte der Klinik gegen ihr Berufsrecht verstoßen, wenn sie eine Apotheke empfehlen. Erster Ansprechpartner wäre aber der Betreiber der Klinik.

Köber verweist auf eine frühere Entscheidung des BGH aus dem Jahr 2011. Die Karlsruher Richter hätten damals zwischen Zuweisung und Empfehlung unterschieden, in dem Streit ging es um einen Hörgeräteakustiker.

Die Wettbewerbszentrale führt derzeit selbst einen Verfahren in einem ähnlich gelagerten Fall. Hier greift die Apotheke die Rezepte quasi direkt hinter der Ausgangstür der Arztpraxis ab. Die Konstellation hält Köber für unzulässig. Die Gegebenheiten in der Klinik kennt sie nicht. Es komme im Einzelfall auch immer auf die räumlichen Gegebenheiten an, so Köber.

Die AKWL hat die Beschwerde gegen den Aufsteller jedenfalls zurückgewiesen. Auch die Nennung der Apotheke auf der Internetseite des Klinikums sei nicht zubeanstanden, „da es sich um eine schlichte Auflistung der im sogenannten Medizinzentrum tätigen Unternehmen handelt und damit keine unmittelbare Verbindung zum Kreisklinikum hergestellt wird.“

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