Personalvermittlung

Apothekenpersonal: Bulgaren bleiben für immer

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Berlin -

Der Fachkräftemangel hat dazu geführt, dass einige Apotheker mittlerweile im Ausland nach Personal suchen. Keine schlechte Idee, denn die Anerkennung der Abschlüsse aus dem EU-Ausland geht hierzulande inzwischen relativ problemlos vonstatten. Doch es mache einen Unterschied, aus welchem Land die ausländischen Kollegen kommen, meint zumindest Personalberater Dr. Thomas Wendel.

Apothekenbesitzer klagen quer durch die Republik über Bewerbermangel und Probleme bei der Suche nach einem Nachfolger. Viele sehen sich deshalb auch nach Pharmazeuten aus dem Ausland um. Einige lassen sich von spezialisierten Vermittlungsagenturen unterstützen. So sucht auch Wendel mit seiner Personalvermittlung tw.con nach geeigneten Fachkräften für deutsche Arbeitgeber. Ein Schwerpunkt ist die Vermittlung von Ärzten und Zahnärzten. Vor rund zwei Jahren hat der Personalberater damit angefangen, auch Apotheker aus dem EU-Ausland nach Deutschland zu vermitteln. Er sucht die geeigneten Kandidaten und kümmert sich um die Zulassung in Deutschland.

Dabei sei er eher zufällig dazu gekommen. Ein Apotheker aus Baden-Württemberg habe ihn kontaktiert, um einen Arzt für die naheliegende frei werdende Praxis zu finden, erinnert er sich. In folgenden Gesprächen habe dieser gefragt, ob Wendel ihm auch einen Apotheker vermitteln könnte. „Da haben wir angefangen, uns intensiv mit dem Thema Apothekermangel in Deutschland zu beschäftigen“, sagt Wendel. Während es noch vor wenigen Jahren nur in abgelegenen Orten einen Mangel an Pharmazeuten gegeben habe, steige inzwischen auch in größeren Städten die Nachfrage.

Geografisch gebe es erhebliche Unterschiede, sagt er: „Es gibt ein klares Nord-Süd-Gefälle.“ Während im Norden immer mehr Apotheker auf der Suche nach geeigneten Fachkräften seien, scheine Bayern „die Insel der Glückseligen“ zu sein. „Bis auf wenige Ausnahmen in ganz abgelegenen Ecken gibt es dort keinen gravierenden Mangel“, so die Analyse des Personalberaters. Dabei verhält es sich bei den Präferenzen der Zuwanderer genau umgekehrt. „Die meisten wollen in den Süden Deutschlands“, sagt er. Schon für Nordrhein-Westfalen seien nicht alle EU-Apotheker zu begeistern. Um sie von einer Anstellung im Norden zu überzeugen, bedürfe es laut Wendel wirklich überzeugender Argumente.

Gängige Herkunftsländer sind laut Wendel die ost- und mitteleuropäischen EU-Staaten sowie Griechenland und Spanien. Seine Agentur konzentriere sich allerdings vor allem auf die Vermittlung von Apothekern aus Bulgarien und Rumänien. Seiner Erfahrung nach eignen sich Fachkräfte aus diesen Länder viel besser für eine dauerhafte Lösung des Personalproblems als Fachkräfte aus Südeuropa. Das liege keinesfalls an der Qualität des Studiums, die überall vergleichbar und insgesamt sehr gut sei, sondern an der Auswanderungsmotivation in den verschiedenen europäischen Ländern.

So habe Spanien nach jahrzehntelangem Aufstieg mit extremem Wohlstand in der Lehman-Krise einen gewaltigen Absturz erlebt. Die Arbeitslosigkeit sei extrem angestiegen. Auch Apotheker seien betroffen. Während Spanier und Griechen also eher in Deutschland „überwintern“ möchten, bis die heimische Wirtschaft wieder anläuft, würden Rumänen und Bulgaren dauerhaft auswandern.

In diesen Ländern habe sich auch 25 Jahre nach dem Mauerfall nicht viel verändert. Es seien nicht nur wirtschaftliche Faktoren, die die Menschen aus ihren Ländern treiben, sondern auch soziale, wie die Qualität der Krankenversorgung oder der Schulbildung für die Kinder und die Lebensqualität insgesamt. „Viele Rumänen und insbesondere Bulgaren haben die Hoffnung verloren, dass sich in absehbarer Zeit etwas ändern wird“, berichtet Wendel. Auswanderer aus diesen Ländern würden daher öfter dauerhaft in ihrer neuen Heimat bleiben. „Ihre Kinder werden schnell heimisch, finden neue Freunde und sprechen nach kurzer Zeit besser Deutsch als ihre Muttersprache“, so der Personalberater. Nicht zu vernachlässigen sei das Lohngefälle. Es sei eben in Ländern wie Bulgarien und Rumänien mit am größten. Damit steige auch die Motivation, nach Deutschland auszuwandern.

Der Weg zur deutschen Approbation ist für Pharmazeuten aus dem EU-Ausland relativ einfach, wenn auch mit einigem Bürokratieaufwand verbunden. Wurde die Apothekerausbildung innerhalb der Europäischen Union, des Europäischen Wirtschaftsraums oder der Schweiz abgeschlossen, gelten die Grundsätze der automatischen Anerkennung der Apothekerdiplome. Diese Richtlinie ist in Deutschland in der Bundesapothekerordnung umgesetzt worden.

Die größte Hürde für auswanderungswillige Apotheker sei daher die deutsche Sprache, sagt Wendel. „Deutsch ist in vielen Ländern nicht sehr verbreitet und zudem schwierig zu erlernen.“ Für die Erteilung der Approbation ist aber der Nachweis adäquater Deutschkenntnisse unerlässlich. In fast allen Bundesländern müssen ausländische Pharmazeuten ihre Fachsprachenkenntnisse in einer Fachsprachenprüfung nachweisen, und zwar auf C1-Niveau. Im Vorfeld der Prüfung muss man üblicherweise allgemeine Deutschkenntnisse auf dem Niveau B2 des Gemeinsamen Europäischen Referenzrahmens für Sprachen (GER) mit einem Sprachzertifikat belegen.

Bis zum B2-Niveau könne man Deutsch noch in Sprachschulen im Heimatland erlernen, sagt Wendel. Danach müsse man aber die Sprache täglich verwenden, um eine signifikante Verbesserung zu erreichen. Das gehe in der Regel aber nur im Land selbst und am besten im täglichen Kontakt mit Patienten. „Die Fachsprache kann man am besten in einer Apotheke erlernen“, betont der Personalberater. Deswegen müssten Apotheker mindesten zwei bis drei Monate für die Verbesserung der Sprachkenntnisse und die Einarbeitung einplanen. „Wer meint, aus dem Ausland einen Apotheker bestellen zu können, der sofort ohne Einschränkungen einsetzbar ist, wird enttäuscht sein“, warnt er. Zunächst komme auf den Pharmazeuten eher mehr Arbeit zu, bevor der ausländische Kollege tatsächlich Entlastung bringt.

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