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Sabelus XXL: Niemand will kleine Apotheken

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Berlin -

In Hennigsdorf bei Berlin hat in dieser Woche die siebte Apotheke unter der Marke Sabelus XXL geöffnet. Inhaberin Julia Riemann ist eine ehemalige Mitarbeiterin von Apotheker Knut Sabelus, der den Verbund gegründet hat. Wie die anderen Apotheken lockt auch der neue Discounter mit Preisen auf Versandhandelsniveau und großem Sortiment. Außerdem ist es nach Angaben von Sabelus die „modernste Apotheke im Raum Berlin und Brandenburg“.

Statt auf Regale mit der Sichtwahl blicken die Kunden auf eine riesige Videowand, auf der Arzneimittel vorgestellt werden. Aber nicht nur: Auch Informationen und Emotionen sollen laut Sabelus mit Hilfe der neuen Technik transportiert werden. In den Beratungstischen sind Bildschirme mit Touch-Funktionen eingelassen, auf denen die Mitarbeiter den Kunden die Produkte präsentieren können. Hinterlegt sind ebenfalls Fachinformationen zur Beratung und die Beipackzettel. Außerdem wird nach Angaben von Sabelus ein Preisvergleich für diese Medikamente angeboten. „Mit der neuen Technik setzen wir nicht nur neue Maßstäbe innerhalb der Kooperation. Die Apotheke ist die wohl modernste Apotheke im Raum Berlin und Brandenburg“, sagt der Apotheker.

Und es gibt noch mehr: So werden die Rezepte durch spezielle Scanner-Kassen erfasst, ausgelesen und nach Online-Prüfung durch ein Rechenzentrum durch den Kommissionierer bedient. „Die technische Ausstattung der Apotheke ermöglicht es der Fachkraft erstmals, fast lückenlos den Kontakt zum Patienten zu halten“, betont der Apotheker. Außerdem würden im Bereich der Arbeitsprozesse Kosten gespart, die man als Preisvorteile an die Kunden weitergebe. „Die Arzneimittelpreise unserer Apotheke müssen den Vergleich mit dem Online-Handel nicht fürchten“, so Sabelus.

Erstmals wird eine Sabelus XXL-Apotheke von einer Apothekerin betrieben, die nicht zur Familie des Gründers gehört. Bisher betreiben Sabelus selbst vier und seine Mutter Adelheid zwei Apotheken, die unter dem Namen Sabelus XXL firmieren. Riemann gehört aber seit mehr als zehn Jahren zum Team und fungierte bis zuletzt als Filialleiterin der Niederlassung in Zossen. „Ein Einzelkämpfer hat es heutzutage sehr schwer. Kooperationen bieten mehr Sicherheit und sind gerade im Kommen“, sagte sie anlässlich der Eröffnung.

Sabelus XXL wurde vor knapp zehn Jahren gegründet: Seine erste Discountapotheke eröffnete Sabelus 2007 in Ludwigsfelde. Die zweite folgte nur zwei Monate später. „Beide liefen so gut an, dass wir die restlichen Apotheken umgeflaggt und bei nächster Gelegenheit durch einen Umzug vergrößert haben“, erinnert sich der Pharmazeut. Allein die Offizin ist in allen Apotheken nach seinen Angaben zwischen 150 und 200 Quadratmeter groß. In der Filiale in Wildau sind es sogar 250 Quadratmeter. Die sechs Apotheken, die Sabelus und seiner Mutter gehören, sind allesamt Guten-Tag-Apotheken und Mitglieder der Apothekenkooperation Elac Elysée.

Die Idee einen Verbund aus großen, günstigen Apotheken zu gründen, sei aus zwei Überlegungen heraus entstanden, erklärt Sabelus. Zum einen seien Apotheken vor zehn Jahren in der Regel sehr klein gewesen. „Der Kunde will aber eine große Auswahl haben“, ist er überzeugt. „Vor allem für jüngere Leute ist das Einkaufserlebnis sehr wichtig.“ Außerdem seien viele Kunde längst preissensibel. Die sprichwörtlichen Apotheker-Preise wolle keiner mehr zahlen. „Wir können ihnen dagegen rund 1000 der am häufigsten verkauften Medikamente zu Preisen auf dem Versandhandelsniveau bieten.“ Trotzdem beteuert der Apotheker, viel Gewicht auf fachliche Beratung zu legen. „Wir sind keine Aldi-Apotheke!“

Die Zeiten der „ultra-schicken Apotheken“ seien ohnehin vorbei, ist er überzeugt: Kunden wollten keine selbstverliebten Konzepte mehr. Sie würden den Aufwand nicht schätzen und wollten stattdessen große Auswahl günstiger Arzneimittel haben. „Der Erfolg gibt uns recht“, sagt Sabelus selbstbewusst. Für das laufende Jahr erwartet er einen Umsatz von mehr als 20 Millionen Euro. Rund 80 Mitarbeiter arbeiten nach Angaben des Pharmazeuten in den Apotheken des Verbunds.

Seit fünf Jahren gehört eine Personalchefin, die für die strategische Personalentwicklung in den Apotheken verantwortlich ist, zum Team. Vor rund einem Jahr ist ein Coach hinzugestoßen; der promovierte Diplom-Psychologe sei vor allem für Mitarbeiterschulungen zuständig. „Der Coach schaut sich unter anderem an, wie sich Mitarbeiter bewegen, deren Gebärden und Mimik, gibt ihnen Verhaltens- und Verkaufstipps“, erklärt Sabelus.

Die niedrigen Preise in den Sabelus XXL-Apotheken seien das Ergebnis erfolgreicher Verhandlungen mit Herstellern, sagt der Pharmazeut: „Mittlerweile bekommen wir Konditionen, von denen auch ich vor zehn Jahren nur geträumt habe.“ Wichtig sei dabei, sich nicht darauf einzulassen, Ziele für das nächste Jahr festzusetzen, die ausschließlich auf den Absatzwünschen der Industrie basierten: „Das setzt einen unter Verkaufsdruck“, so der Apotheker.

Vielmehr sollte man den Abverkauf des letzten Jahres als Basis nehmen. Doch so einfach, wie sich das anhört, ist es nicht, räumt auch Sabelus ein. Nur für größere Apothekenkooperationen mit viel Marktmacht sei es möglich. „Wenn der Hersteller nicht mitmachen will, dann wird sein Produkt zurückgehalten“, erklärt der Apotheker seine Strategie. „Es gibt genug Generikaanbieter auf dem Markt.“

Entschieden tritt Sabelus Vorwürfen entgegen, Discount-Apotheken würden Verdrängungswettbewerb und Preisdumping betreiben. „Als Apotheker bin ich eben auch ein Kaufmann und mag diesen Aspekt unseres Berufs sehr gern“, sagt Sabelus. „Wenn manch ein Kollege sich dieser Einsicht verweigert, dann muss er eben das Nachsehen haben.“ So sei eben das Geschäft. Allerdings sei noch keine Apotheke im Umfeld einer Sabelus-Apotheke pleite gegangen.

Eine weitere Besonderheit der XXL-Apotheken: Sie konzentrieren sich ausschließlich auf das Kundengeschäft. Etwaige Spezialisierungen wie Heimversorgung oder Zytostatika-Herstellung gehören nicht zum Angebot des Discounters. „Zytostatika-Herstellung ist zwar derzeit sehr lukrativ“, räumt Sabelus ein. Das Geschäft könne aber jederzeit wegbrechen, da auf diesem Bereich gerade viel passiere. „Wer weiß, ob Zytostatika in einigen Jahren immer noch von Apothekern hergestellt werden oder ob es dafür spezielle Firmen gibt?“ Wenn man sein Geschäftsmodell darauf aufgebaut und sich die teure Ausrüstung dafür angeschafft habe, sehe es schlecht aus.

Die Hennigsdorfer Apotheke ist nicht nur die erste Apotheke, die nicht Sabelus selbst oder seiner Mutter gehört. Erstmals hat der Verbund hat den Sprung vom südöstlichen an den nördlichen Stadtrand von Berlin gewagt. Und es auch die erste neue Apotheke im Verbund seit acht Jahren. Nach der langen Pause soll es aber schon im kommenden Jahr weitergehen: Dann sollen zwei weitere XXL-Apotheken eröffnet werden. Die Betreiberin für eine davon steht laut Sabelus schon fest: Es wird wieder eine langjährige Mitarbeiterin sein.

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